Chello bzw. UPC Telekabel sorgte in der letzten Zeit durch den großen Mail-Ausfall sowie ein angekündigtes neues Tarifmodell für Schlagzeilen. Auch das enorme Interesse, das sich in den User-Foren zeigte, war für den WebStandard Anlass genug, ein Interview mit dem UPC Telekabel Geschäftsführer Thomas Hintze zu führen.

 

 

WebStandard:

Wie werden die neuen Gebühren ausschauen?

 

 

Thomas Hintze:

Wir schreiben gerade die E-Mails an die Kunden. Das werden wir noch abwarten. Am 31. schicken wir die E-Mails aus. Aber ganz grundsätzlich ist von einer generellen Preiserhöhung sowieso nicht die Rede, das haben wir ja auch nie behauptet. Wir haben uns für bestimmte Kundengruppen, die uns mehr Aufwand verursachen als andere, was Vorsichtiges vorgenommen.

 

 

WebStandard:

Was bedeutet das für den Durchschnitts-User?

 

 

Hintze:

Das muss damit nicht unbedingt in Zusammenhang stehen. Es kann auch so sein, wenn Sie bedenken, wir haben einmal das Kabel als Infrastruktur, das hat eine bestimmte Investition gekostet, um das Kabel zum Haushalt zu führen. Das heißt es ist ein Unterschied, ob jemand einen, zwei oder drei Dienste auf der selben Infrastruktur benützt.

 

 

WebStandard:

Also wenn man auch etwa Priority hat, wird es günstiger?

 

 

Hintze:

Das auf jeden Fall. Aber das hat auch einen einfachen kaufmännischen Grund, weil dort schon gelungen ist, was ja von Haus aus die Idee war, mehrere Dienste über die selbe Infrastruktur, die eben eine bestimmte fixe Investition gekostet hat, anzubieten. Also das ist jetzt nicht nur eine Chello-singuläre Aktion, sondern man berücksichtigt auch andere Dienste an der selben Infrastruktur mit.

 

 

WebStandard:

Betrifft das nur Wien?

 

 

Hintze:

Das betrifft alle Versorgungsgebiete.

 

 

WebStandard:

Innsbruck ist eine Ausnahme?

 

 

 

Innsbruck ist ein Chello-Partner, der nicht aus dem UPC-Konzern ist. Es ist ja eine interessante Kombination, dass ja UPC sowohl Mutter von Chello ist, wie hier de jure Franchise-Nehmer. Es könnten ja viele andere Kabelbetreiber auch Franchisenehmer sein. Die Preishoheit haben aber die Franchisenehmer. Weil ja ich die Kundenschnittstelle bediene, ich schreibe die Rechnung und ich bin daher auch für den Preis verantwortlich bzw. kann nur ich als Kabelbetreiber in der Kombination von Diensten mir anschauen, was das in Bezug auf meine Infrastruktur bedeutet. Wir haben auf Tirol keinen Einfluss, auch Chello nicht, weil die Preishoheit der Kabelnetzbetreiber hat.

 

 

WebStandard:

Ist nicht ein gewisser Rahmen vorgegeben?

 

 

Hintze:

Schon, aber ob Preisanpassungen vorgenommen werden oder nicht, ist deren eigene Entscheidung. Sie haben schon recht, wenn wir sagen - als Hausnummer - wir verlangen das Doppelte, dann wird man mit Chello reden, um nicht den ganzen ?Brand in? Verruf zu bringen. Aber grundsätzlich ist die Preishoheit beim Kabelnetzbetreiber.

 

 

WebStandard:

Gerade bei den Begriffen ?Chello? und ?Telekabel? herrscht teilweise eine gewisse Verwirrung, wer was ist. Können Sie dem User kurz erklären, mit wem er es eigentlich zu tun hat?

 

 

Hintze:

Deswegen sitzen wir gerade im Nachbarhotel zusammen. Es ist zunächst einmal die Dachmarke in Österreich UPC Telekabel. Wobei bei UPC, die ja in 14 Ländern aktiv ist, das in keinem anderen Land so ist. UPC hat sich ja hauptsächlich durch Akquisition bei den Kabelnetzbetreibern betätigt und die Kabelnetzbetreiber hatten eben irgendeinen Namen. Hier ist dies Telekabel. Jetzt ist das ein sehr bekannter Name und UPC Telekabel derzeit die Dachmarke. Wobei früher oder später UPC den Lead nehmen wird, Österreich ist nur eine Ausnahme, weil Telekabel so bekannt ist. Allerdings versteht man, und das ist das Problem dabei, unter Telekabel nicht einen Gesamtanbieter für Telekommunikation, sondern es denkt jeder ans Fernsehen. Daher ist das Telekabel eigentlich eine Stufe darunter zu sehen, nämlich als Fernsehprodukt. Dort ist es gleichwertig mit Chello und Priority. In die Richtung arbeiten wir.

 

 

WebStandard:

Es wurde eine Preiserhöhung von zehn Prozent kolportiert. Was ist da dran?

 

 

Hintze:

Das ist eine gute Annahme. Wir würden es gerne mitteilen, möchten es aber als erstes den Kunden mitteilen. Es ist zwar österreichisch, dass man alles aus der Presse erfährt, aber für uns ist das nicht gut. Wir werden uns diese Woche direkt an die Kunden wenden. Aber es ist in Summe nichts dramatisches.

 

 

 

Ich wollte einfach das Thema auch aufs Tablett bringen - Dass man auch in der New Economy - wobei wir da ein Zwitter sind - auch Old Economy-Spielregeln anwenden wird müssen. Durch Kapitalisieren von Unternehmenswerten kommt das Geld nicht mehr in dem Maße herein, an das man sich gewöhnt hat in der Telekommunikation.

 

 

WebStandard:

Es wird zwei Preisklassen geben?

 

 

Hintze:

Ja.

 

 

WebStandard:

Die untere davon bleibt der bisherige Preis?

 

 

Hintze:

Das auf jeden Fall.

 

 

WebStandard:

Bei welchem Datenvolumen beginnt die höhere Preisklasse?

 

 

Hintze:

Das haben wir noch gar nicht definiert. Zunächst einmal werden wir einen Unterschied machen, ob jemand ein Single- oder Mehrfachkunde ist. Allerdings aus anderen Gründen - das hat ja noch gar nichts mit dem Internet an sich zu tun, sondern mit der Sinnhaftigkeit aus der Sicht des Kabelnetzbetreibers, dass eben ein Mehrfachkunde grundsätzlich einen höheren Average Revenue per User (durchschnittlicher Ertrag pro User, Anm.) bringt - bei der selben Infrastruktur. Damit ist er sozusagen ein wertvollerer Kunde.

 

Das hat noch nichts mit dem Datenvolumen zu tun, sondern nur mit dem Umstand, dass eben einer einen Dienst hat und der andere mehrere.

 

Die Definition innerhalb des Dienstes Chello ist noch gar nicht fertig.

 

 

WebStandard:

Power-User mit viel Download werden mehr zahlen müssen?

 

 

Hintze:

Ja. Sicher, das ist klar. Das ist das allgemeine Problem eines Flatrate-Anbieters. Wenn man die Kundenbasis verdoppelt und das Volumen versechsfacht, ist ein Handlungsbedarf zwingend.

 

 

WebStandard:

Seit Juli gibt es mehrere ADSL-Anbieter, darunter auch einige mit Flatrates. Ist das nicht eine enorme Konkurrenz?

 

 

Hintze:

Eine Konkurrenz ist es, eine enorme derzeit nicht. Erstens wissen wir ziemlich genau, was die Infrastruktur und die Netzinvestitionen bedeuten. Letztlich haben wir einen Erfahrungsvorteil. Jeder wird in das Problem rennen, dass es irgendwann eine Diskrepanz gibt zwischen dem was der Kunde zahlt und was in einer Flatrate zu leisten ist. Am Beginn ist ja das kein Problem, weil man eine bestimmte Infrastruktur hat man und die ist am Anfang sowieso nicht ausgelastet. Aber mit einer bestimmten Kundenanzahl bin ich sicher, wird jeder in das selbe Problem laufen. Insofern ist es zwar eine Konkurrenz, aber keine unglaubliche sondern eine einschätzbare.

 

Es ist nicht der Punkt, dass man als Eigentümer sagt, wir wollen absahnen. Darum geht?s ja nicht. Es geht nur darum, die weitere Entwicklung nicht zu behindern. Und die Entwicklung erfordert Investitionen, die wir heuer vorhaben, und da überlegen wir: Wo nehmen wir jetzt das Geld her?

 

 

 

Wir sind sicher, dass wir auch dazu beigetragen haben, dass das Medium an sich eine weitere Verbreitung und Akzeptanz gefunden hat. Um den Breitband-Zugang herum haben sich Anwendungen und kleine Businesses entwickelt, die das Netz vorraussetzen. Damit beschäftigen wir uns eigentlich und damit sicherzustellen, dass das Netz so skaliert, dass man die deutlich gestiegene Anzahl an Kunden bedienen kann, mit allen technischen Maßnahmen, die dann halt zu tun sind.

 

Ich halte es für eine größere Herausforderung in Zukunft die Qualität zu bieten, als die Mitbewerber in Schach zu halten. Das halte ich für das Schwierigere.

 

 

WebStandard:

Chello hat den Ruf, dass es häufig Probleme gibt. Was tun Sie, damit es weniger werden?

 

 

Hintze:

Ich kann nicht pauschal darauf antworten. Wenn ich eine sinnvolle Antwort geben soll, müsste ich wissen, was gerade ist. Ich kriege täglich Reports vom Engeneering und vom Customer Care. Denn es nützt mir nichts ein Gefühl vermittelt zu bekommen, es geht irgendwie immer irgendwas nicht. Darauf kann ich nichts sagen. Das Bemühen, das zu verbessern kann ich nur ernsthaft vermitteln.

 

 

 

Ich schaue mir täglich im Detail an, was gerade los ist. Anders geht?s nicht. Es ist einmal eine Modemtype die Probleme macht, einmal die Zellengröße an sich, weil das Segement zu groß ist, es kann die IP-Infrastruktur sein, die Router, die schon glühen, es kann eine momentane  Verfügbarkeit von IP-Adressen sein. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass es ein Unterschied ist ob ich jeden Tag die Parole ausgebe: Schaut?s dass alles funktioniert! Oder: Stellen wir sicher, dass diese Modemtype in dieser Zelle morgen wieder geht.

 

 

WebStandard:

Sie haben bereits einmal das Call-Center vergrößert. Gibt es Pläne, es weiter zu vergrößern?

 

 

Hintze:

Ja, bei der Second Level-Hotline von Chello sehe ich keinen anderen Weg, als dass man mehr Leute dorthin setzt.

 

 

WebStandard:

Haben sich die gröberen Probleme im Dezember ausgewirkt, dass Kunden Chello verlassen haben?

 

 

Hintze:

Nein. Nicht in großem Stil. Ein Ausfall ist nicht so das Problem. Wenn einmal ein Ausfall passiert, ist das Verständnis vorhanden - das kann vorkommen. Man hat dann ein Problem, wenn man ein allgemeines Vertrauensproblem generiert und das ist eher die Vielzahl von Kleinigkeiten. Ein einzelner Ausfall führt nicht dazu, dass die Leute in Scharen davonrennen, weil jeder weiß, das kann überall passieren. Es geht eher darum, wie glaubhaft sind die Maßnahmen zur Verbesserung. Die Chance, dass man das in Angriff nimmt, geben uns die Kunden.

 

 

WebStandard:

War es nicht ein unglücklicher Zeitpunkt, die Preisänderung unmittelbar nach dem Ausfall bekannt zu geben?

 

 

Gustav Soucek (Bereichsleiter Kommunikation, UPC Telekabel):

Was wäre die Alternative gewesen? Der Mailserver-Ausfall war da, wir haben ihn uns nicht gewünscht, wir konnten ihn nicht planen. Wir wussten natürlich von dieser Preiserhöhung, sowas passiert ja nicht aufgrund des Anlassfalles sondern das war da. Jetzt hätten wir den Ausfall in unserem Rechenschaftsbericht ohne ein Wort der Preiserhöhung kommunizieren können. Das wäre aber wiederum ein Teil dessen gewesen, was wir uns vorgenommen haben, nicht mehr zu tun: Nämlich, wir wollen die Dinge rechtzeitig ansprechen. Das Problem ist, wir waren die Ersten. Es nicht zu tun, hätte die eigentlichen Probleme - wir müssen die Preise erhöhen - nicht kaschiert. Es wäre passiert, der Markt wäre ohne Vorwarnung damit konfrontiert worden.

 

 

Hintze:

Im Gegensatz zum Ausfall ist eine Preisanpassung natürlich in einem Business-Plan im Rahmen eines Jahres vorgesehen. Man hätte das jetzt aus Anlass des Ausfalls verschieben können. Es nicht anzusprechen, wäre keine Alternative gewesen.

 

 

WebStandard:

Wenn man sich für das höhere der beiden Preismodelle entscheidet, hat man dann außer unlimitierten Zugang noch weitere Vorteile? Ein eigener Zugang zum Support etwa?

 

 

Hintze:

Wir haben ja schon eine eigene Business-Hotline. Solche Sachen kann man machen, das man sich besonders darum kümmert, eine eigene Durchwahl hat.

 

 

WebStandard:

Gibt es da Pläne?

 

 

 

Die haben wir.

 

 

WebStandard:

Angesichts häufiger Probleme - Wären automatische Gutschriften nicht fair?

 

 

Hintze:

Wir müssen an der Qualität arbeiten, da bin ich sicher, dass das gemeinsame Ziel unserer Kunden und uns ist. Dass man in einem Anlassfall 50-Schilling-weise zurückzahlt - Ich kann mir nicht vorstellen, wem das was bringt.

 

 

WebStandard:

Man zahlt doch monatlich für etwas, das nicht immer funktioniert?

 

 

Hintze:

Aber wenig, relativ wenig. Es bringt meiner Meinung nach einen administrativen Overhead, macht die Kunden nicht wirklich glücklicher. Es ist natürlich ein häufiges Thema. Wir haben uns ja auch entschlossen, für den Mail-Ausfall, statt Schilling-Weise zurückzuzahlen, zu spenden. Weil das Zurückzahlen von 50-Schilling-Beträgen auch nur eine Geste ist.

 

 

WebStandard:

Sie berichteten, dass sich das User-Verhalten - etwa durch MP3 Downloads - verändert hat. Ist nicht einfach das Netz unterdimensioniert?

 

 

Hintze:

Nein, das ist es sicher nicht. Oder dass die Kundenanzahl wesentlich über dem Zehnjahresplan läge, das stimmt nicht. Bei den Kunden liegen wir ziemlich genau im Plan, den wir bei unserem IPO vor eineinhalb Jahren den Investoren vorgelegt haben. Also die Anzahl der Kunden ist es überhaupt nicht. Es ist nur derzeit zum Teil die Verteilung der Kunden. Ich weiß natürlich wenn ich 1998 einen Business-Plan mache nicht, in welchem Bezirk sind die jetzt. Die Anzahl war richtig, aber die Häufung in bestimmten Zellen so, dass man etwas tun muss.

 

 

WebStandard:

Wie schnell wird das auch geschehen?

 

 

Hintze:

Bei Anlass. Ich habe eine genaue Liste von allen Zellen, wo ich genau sehe, wie viele Kunden hängen dort. Dort wo es zu viele sind, wird die Zelle verkleinert. Da würde ich mich dagegen wehren, wenn man das als Fehlplanung bezeichnen würde, dass wir das 1998 nicht gewusst haben. Die Anzahl der Kunden liegt genau im Plan. Was immer schwierig ist, vorherzusagen, ist das Volumen, das transportiert wird. Da ist es richtig - es wurde nicht gerechnet, dass das Volumen so überproportional im Bezug auf die Kundenanzahl steigt.

 

 

WebStandard:

Sie merken, in einer Zelle gibt es zu viele User. Wie lange dauert es, bis die Zelle verkleinert wird?

 

 

Hintze:

Das dauert nicht lange - vier bis sechs Wochen. Ich sehe ja, wie sich das wöchentlich entwickelt, das kommt ja nicht über Nacht.

 

 

WebStandard:

Ist es auch ein Anlass, wenn sich User aus einem Gebiet häufig beschweren?

 

 

Hintze:

Das ist auch ein Anlass, das lässt sich leicht zuordnen. Wobei, die Anzahl der Kunden alleine, sagt nicht, dass es ein Problem gibt. Das liegt auch am User-Verhalten.

 

 

WebStandard:

Es gibt Gerüchte, dass Chello gar nicht in der Lage wäre, das Datenvolumen zu messen.

 

 

Hintze:

Wir messen es ja zum Teil schon. Was aber richtig ist, dass die Systeme da auch auszuweiten sind. Es ist ein Unterschied ob ich bei 5000 Kunden messe oder bei 100.000.

 

 

WebStandard:

Sie versenden SMS im Störungsfall - Wie viele haben Sie bereits verschickt?

 

 

Soucek:

Einmal bisher. Das Angebot gibt es seit November. Wir sind Österreichweit die einzigen, die so was anbieten.

 

 

WebStandard:

Es gibt Kritik an der Internationalen Anbindung von Chello. Wird die verbessert?

 

 

Hintze:

Natürlich. Es werden Transatlantik-Kapazitäten angeschafft. Aber das alleine ist es nicht, sondern es ist auch das Peering intelligenter zu machen. Transatlantisch wird die Kapazität heuer vervierfacht.

 

 

WebStandard:

Wir danken für das Interview.

 

 

 

Das Interview führte Andreas Roesler-Schmidt.