Wolfgang Streitenberger

Seit Beendigung des Kosovo-Konfliktes bemüht sich die internationale Staatengemeinschaft - allen voran die Europäische Union - die betroffenen Länder bei der Bewältigung der Kriegsfolgen zu unterstützen und konkrete Maßnahmen für eine langfristige wirtschaftliche und politische Stabilisierung der Region zu setzen. Die am 28. Juli von der Europäischen Kommission und der Weltbank einberufene "Erste Geberkonferenz" in Brüssel verfolgte das Ziel, einen ersten Überblick über den Finanzierungsbedarf zu erhalten und finanzielle Mittel für die humanitäre Soforthilfe und den Wiederaufbau im Kosovo zu mobilisieren.

Im STANDARD stellte Peter Vujica die Sinnhaftigkeit dieser Konferenz in Frage und kam zu dem Schluss, dass es besser gewesen wäre, die Kosten der "sieben Millionen Schilling teuren Konferenz" einzusparen und dieses Geld nach Pristina zu überweisen, da es "zu nichts anderem verbraucht wird, als um ein bisschen darüber zu streiten, warum wer nun wenig oder nichts zu zahlen gedenkt".

Absehbarer Erfolg

Auch wenn man berücksichtigt, dass der Artikel zu einem Zeitpunkt verfasst wurde, als das Ergebnis der Konferenz noch nicht feststand, kann dem Autor der Vorwurf nicht erspart bleiben, dass er in seinem Kommentar die journalistische Recherche zugunsten einseitiger Polemik vernachlässigt hat. Da überdies die Gefahr besteht, dass die hier geäußerte Meinung Vorurteilen und Missverständnissen über die Rolle der EU-Kommission beim Wiederaufbau im Kosovo Vorschub leistet, sehe ich mich veranlasst, einige der in diesem Artikel getroffenen Aussagen richtig zu stellen.

Zuallererst muss festgehalten werden, dass die Geberkonferenz, wie inzwischen bekannt sein dürfte, ein großer Erfolg gewesen ist. Immerhin konnten bei diesem von Herrn Vujica bereits vorab als "ergebnisloses Geplänkel" bezeichneten Zusammentreffen 1, 89 Milliarden Euro (26 Mrd. Schilling) für den Wiederaufbau des Kosovo bereitgestellt werden. Abgesehen davon war der für die Organisation der Konferenz getätigte Aufwand minimal. Dies wäre, wie übrigens auch die ungefähre Höhe der bereit gestellten Finanzmittel, bereits im Vorfeld der Konferenz leicht zu recherchieren gewesen.

Die Teilnehmer an der Konferenz (Vertreter der Geberländer und internationaler Organisationen) kamen nämlich selbst für sämtliche Spesen wie Reise- bzw. Übernachtungskosten auf. Der organisatorische Aufwand der Europäischen Kommission beschränkte sich auf die Bereitstellung des Konferenzsaals (der sonst leergestanden wäre), des Übersetzungspersonals und des Kaffees für die einzige Konferenzpause. Die Verköstigung der Konferenzteilnehmer bestand nicht, wie Peter Vujica meint, in einem opulenten Gelage, dessen Kosten er mit "1000 Schilling pro Kopf und Tag" beziffert, sondern in einem einzigen, für eine derartig hochrangig besetzte internationale Konferenz bescheidenen Mittagsbuffet, das von der Weltbank finanziert wurde.

Geringe Kosten

Mehr noch als der Umstand, dass die von Vujica bezifferten Kosten von sieben Millionen Schilling also jeder Grundlage entbehren, ist die Tatsache hervorzuheben, dass die tatsächlich angefallenen, geringen Kosten aus den für derartige Veranstaltungen zweckgewidmeten Budgets gedeckt wurden.

Alles in allem wurde somit für die Organisation dieser Konferenz kein einziger Groschen aus den für den Wiederaufbau oder die humanitäre Hilfe vorgesehenen Budgets verwendet!

Dieser bewusst gering gehaltene organisatorische Aufwand entspricht den Prinzipien, die die Europäische Kommission für die Umsetzung der EU-Hilfsprogramme für den Kosovo vorgegeben hat und die der designierte Kommissionspräsident Romano Prodi in seiner Rede vor dem neuen Europäischen Parlament klar und deutlich zum Ausdruck brachte: "Oberstes Prinzip ist es, im Kosovo den Wiederaufbau, nicht die Bürokratie zu finanzieren. Unsere finanzielle Unterstützung muss vorrangig an die Menschen vor Ort und an die konkreten Wiederaufbauleistungen gehen." Um dieses Ziel zu realisieren, ist es unerlässlich, die einzelnen Aktivitäten und Hilfsmaßnahmen aller beteiligten Organisationen (EU, UNO, OSZE, Weltbank, IWF etc.) zu koordinieren. Konferenzen sind das altbewährte und geeignete Mittel, um konkrete Aktionen zu initiieren und Zweigleisigkeiten zu verhindern.

Milliardenhilfe

Wenn sie noch dazu so sparsam und - gemessen an konkreten Ergebnissen - so erfolgreich sind, wie die von der EU-Kommission mitorganisierte Geberkonferenz in Brüssel, sollte dies anerkannt werden. Angesichts der akuten Notsituation der Menschen in dieser Region, deren Hoffnungen auf ebendiesen Konferenzen ruhen und angesichts der bisher erzielten konkreten Ergebnisse im Rahmen der internationalen Hilfsmaßnahmen (die EU allein hat in diesem Jahr für den Kosovo 530 Millionen Euro (7, 3 Milliarden Schilling) zur Verfügung gestellt), sind Zynismus und polemische Zahlenspielereien fehl am Platz.

Dr. Wolfgang Streitenberger ist der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich.

Wolfgang Streitenberger, Vertreter der EU-Kommission in Wien: Die "Geber" sind keine Verschwender.Foto: Semotan