Brüssel - Die EU-Kommission setzt die Mitgliedsländer unter Druck, als Reaktion auf die BSE-Krise Rindfleisch zu vernichten. Nur so könne der Markt stabilisiert und die Kosten für das Budget halbwegs unter Kontrolle gehalten werden, meinte man in der EU-Kommission. Österreichs Minister Wilhelm Molterer (VP) und Herbert Haupt (FP) betonten am Agrarrat, sie hofften, dass sich Österreich die Massenvernichtung ersparen könne. Geld für den Ankauf von Rindern Bisher sind für 2001 im EU-Nachtragshaushalt 700 Mill. Euro (9,6 Mrd. S) für Ankauf und Vernichtung von 500.000 t Rindfleisch vorgesehen. Doch nach den letzten Schätzungen werden heuer 1,3 Mill. t Fleisch nicht verkäuflich sein. Agrarkommissar Franz Fischlers Sprecher Gregor Kreuzhuber schloss keineswegs aus, dass die Krise am Rindfleischmarkt noch größere Ausmaße annimmt. Vernichtet man 500.000 Tonnen, so müssen knapp 800.000 t eingelagert werden. Die Einlagerung von letztlich unverkäuflichem Fleisch koste aber 3.800 Euro/t, während die Vernichtung "nur" mit 2.590 Euro/t zu Buche schlägt, rechnet die EU-Kommission vor. Selbst die Vernichtung von 1,3 Mill. t Rindfleisch würde über drei Mrd. Euro kosten. 45 Prozent zahlen die Mitgliedsländer Für die EU-Kasse hätte die Vernichtung einen zusätzlichen Vorteil: Sie muss zu 45 Prozent von den Mitgliedsländern gezahlt werden, während die Einlagerung zur Gänze aus dem EU-Budget finanziert wird. Weitere Maßnahmen gegen BSE Alle Prognosen hängen davon ab, ob der Rückgang des Verbrauchs auf zehn Prozent beschränkt bleibt und ob Drittländer wieder Rindfleisch aus der EU einführen. Zur Beruhigung der Öffentlichkeit einigten sich die Agrarminister daher am Montag spät abends auf weitere Maßnahmen im Kampf gegen BSE. So soll die Wirbelsäule als Risikomaterial angesehen und aus dem Verkehr gezogen werden. Das bedeutet das Aus für das T-Bone-Steak. Mechanisch vom Knochen abgeschabtes Fleisch wird ebenso nicht mehr in die Lebensmittelkette gelangen. Schließlich sollen bei der Erzeugung von Fetten für Futtermittel strenge Bedingungen eingehalten werden. Keine Einigung gab es hingegen, BSE-Tests auch bei Rindern unter 30 Monaten vorzuschreiben. Grundsätzlich sei die Entfernung von Risikomaterial auch bei Tieren unerlässlich, die im Test kein BSE aufwiesen. Denn es gebe eine Inkubationszeit für diese Krankheit, während der sie nicht nachgewiesen werden könne, erinnerte Beate Gminder, Sprecherin von Gesundheitskommissar David Byrne. Nachdem die EU nun ihre gemeinsamen Maßnahmen verschärft hat, wächst der Druck auf die Mitgliedsländer, ihre einseitig verhängten Maßnahmen wieder aufzuheben. Insbesondere geht es dabei um Importverbote, wie sie Österreich gegen Rinder oder Rindfleisch aus Frankreich, Italien und Deutschland verhängt hat. Das Importverbot gegen französische Produkte wurde von den Wissenschaftern bereits als unbegründet eingestuft, in den anderen Fällen liegt noch kein Urteil der Wissenschaft vor. Der Druck steige aber, alle nationalen Alleingänge aufzuheben, so Gminder. Am nächsten Agrarrat am 19. Februar dürfte das Thema wieder auf der Tagesordnung stehen. EU-weit sollen 1,5 Millionen Rinder vernichtet werden In der Europäischen Union sollen rund 1,5 Millionen ältere Rinder aufgekauft und vernichtet werden. Ziel ist es, das Überangebot an Rindern wegen des Einbruchs bei der Verbrauchernachfrage abzubauen. Allein in Deutschland, wo es um die Tötung und Vernichtung von 400.000 Tieren geht, geht das Bundeslandwirtschaftsministerium von Gesamtkosten in Höhe von 647 Millionen Mark (331 Mill. Euro/4,55 Mrd. S) für diese Marktbereinigung aus. Von den EU-Staaten beteiligen sich bisher nur Frankreich und Irland voll an der Aufkaufaktion. Großbritannien, das als das Ursprungsland von BSE gilt, hat schon länger ein besonderes Programm für über 30 Monate alte Rinder. In geringerem Umfang haben auch Spanien und Luxemburg mit der Umsetzung des Beseitigungsprogramms der Gemeinschaft begonnen. Nach Angaben von EU-Agrarkommissar Franz Fischler sind ungefähr 57.000 Tiere bereits "entsorgt" worden, davon 60 Prozent in Frankreich und 28 Prozent in Irland. Die Niederlande und Dänemark verzichten auf eine Teilnahme, weil sie alle über 30 Monate alten Schlachtrinder testen und danach auf dem Markt zu verkaufen suchen. Schweden und Finnland wurden wegen ihres geringen BSE-Risikos bereits von dem Programm ausgenommen. Österreich und Belgien haben darum gebeten, sich ebenfalls nicht an der Aktion beteiligen zu müssen. Italien, Portugal und Griechenland haben sich noch nicht entschieden. (APA)