Inland
Studentisches Timing - von Peter Mayr
Österreichs Studentenpolitiker haben ein Timingproblem. Da beschließen sie, ein Volksbegehren gegen die Studiengebühren
einzuleiten, müssen aber gleichzeitig bekennen, dass es zu spät kommen wird. Wahrscheinlich findet das Begehren nämlich
erst im Oktober statt. Also wenn die Gebühren längst Realität sind. Die Chance, dass diese noch fallen, sei aber so und so
gering, räumt der Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft, Martin Faißt, schon im Vorfeld ein und nennt das
"Ehrlichkeit gegenüber seinen Studierenden". Ehrlich muss er auch bei der zweiten zentralen Forderung des Volksbegehrens
sein: Noch vor der Sommerpause soll das heftig umstrittene Uni-Dienstrecht vom Nationalrat beschlossen werden - dagegen
unterschrieben wird Monate später.
Mit diesen Vorgaben trotzdem 100.000 Unterschriften zu sammeln scheint utopisch. Ist das Volksbegehren also eine Farce?
Nur wenn man sich an diesen beiden Forderungen festhält. Denn darüber hinaus werden andere wichtige Punkte
angesprochen, die eine Überarbeitung der Gesetze sinnvoll erscheinen lassen. Vor allem im Sozialbereich - etwa bei der
Stipendienvergabe, beim Umgang mit berufstätigen Studenten oder Studierenden mit Kindern. Oder dass viele der
ausländischen Studierenden die doppelte Gebühr (10.000 Schilling pro Semester) zahlen müssen. Sinnvoll ist auch der
Versuch, Eltern, Lehrer und Schüler in das Begehren einzubinden. Dies könnte deutlich machen, dass wirklich alle vom
Bildungssystem Betroffenen in einem Boot sitzen und gemeinsam handeln sollten.
Die Anliegen sind berechtigt, das gewählte Mittel ist wenig tauglich. Bisherige Erfahrungen - siehe das Frauenvolksbegehren
mit mehr als 600.000 Unterschriften - haben gezeigt, wie wenig beeindruckt eine Regierung von solchen Ergebnissen ist. (DerStandard, Print-Ausgabe, 31.1.2001)