Heute, Mittwoch, werden im Nationalrat mit dem Entschädigungsfondsgesetz und der Novellierung des Nationalfondsgesetzes die gesetzlichen Grundlagen für die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus geschaffen. Damit wird zugleich das Schlusskapitel einer paradoxen Geschichte geschrieben: Ausgerechnet jene Regierung, die wegen der unklaren Haltung eines Koalitionspartners zur Verstrickung überproportional vieler Österreicher in die Verbrechen des Nationalsozialismus international geächtet wurde, bringt zu Ende, was ein halbes Jahrhundert lang aus billigsten Motiven und in breitem politischem Konsens verschleppt wurde. Der unvoreingenommene Beobachter wird zur Kenntnis nehmen - und das wurde auch von scharfen Kritikern wiederholt getan -, dass diese Regierung mit der NS-Entschädigung einen beträchtlichen Betrag auf der Habenseite verbuchen kann. Die Forderung des Jüdischen Weltkongresses, zur materiellen Entschädigung müsse auch eine offizielle Entschuldigung "für die Beteiligung des Landes an der Verfolgung und Ermordung von Juden während der Nazizeit" kommen, hat aber blitzartig die alten Reflexe hervorgerufen: "Das Land", heißt es, habe ja zu der fraglichen Zeit nicht existiert, folglich sei eine solche Entschuldigung unangebracht. Wer so argumentiert, vergisst, dass es hier nicht um die Frage geht, ob Österreich Opfer oder Täter war - es war wohl beides -, sondern darum, dass Zigtausende Bewohner des heutigen Österreich sich an der Ausrottung ihrer jüdischen Mitbürger persönlich bereichert haben. Auch dafür, nicht nur für das zynische Verschleppen der Entschädigung, hat sich der Staat Österreich, ob er damals existierte oder nicht, auch heute noch bei den Opfern und ihren Nachkommen zu entschuldigen. (DerStandard, Print-Ausgabe, 31.1.2001)