Der Kommentar von Christine Iben ("Gegen die kalte Fusion der Universitäten für Veterinärmedizin und Bodenkultur", STANDARD, 24. 1.) lässt auf einen profunden Informations-und Kommunikationsmangel schließen. Seit 1997 waren Versuche unternommen worden, über eine engere Zusammenarbeit ohne Tabus zu reden. Diese könnten nämlich in Forschung und Lehre viel intensiver und ergebnisträchtiger gestaltet werden, als es derzeit der Fall ist. Zumindest der Steuerzahler hätte immerhin ein Anrecht darauf, dass aus seinem nicht unbeträchtlichen Beitrag für die Universitäten mehr an Wirkung herausgeholt wird.

Fachlich spricht vieles für mehr Synergie. Im vergangenen Sommer haben Arbeitsgruppen erhebliche Potenziale zutage gefördert; der beiderseitige Wunsch nach gemeinsamen Strukturen in etlichen Bereichen ist evident.

Etliche Argumente gegen die Zusammenführung, die jetzt sehr vordergründig (die Sorge um die Gesundheit der Tiere, die dann angeblich gefährdet wäre) vorgebracht werden, sind mehr als dürftig: zum Beispiel die Unterstellung, dass die Veterinärmedizinische Universität (VUW) die (guten) Kontrollore ausbilde und die Universität für Bodenkultur (BOKU) die (bösen) Produzenten und dass deshalb die Trennung geradezu unverzichtbar sei.

Frau Iben hat ihren Artikel offensichtlich vor dem Bekanntwerden des Schweineskandals geschrieben: Wer hat denn den Züchtern die Antibiotika etc. zugesteckt? So viel also zum Thema good guys - bad guys. Man stelle sich im Übrigen die Reaktionen der Betroffenen vor, würde man Frau Ibens Argumente auf andere Studienbereiche ex-trapolieren (Juristen, Mediziner, Architekten etc.)!

Schrebergartenzäune erhöhen?

Die Tatsache, dass die Kompetenzen zwischen dem Landwirtschafts- und dem Gesundheitsminister so aufgeteilt sind, wie sie sind, ist für den universitären Bereich irrelevant. Es wäre fatal, würden sich administrative und andere außeruniversitäre Strukturen (zum Beispiel Kontrollämter) zwingend an der Universität abbilden müssen.

Die BSE-Krise hat vor allem gezeigt, dass die Versorgung mit hochwertigen und sicheren Lebensmittel bedingt, dass wir die Lebensmittelkette als Gesamtheit sehen. Dazu gehören die landwirtschaftliche Primärproduktion, Verarbeitungs- und Transporttechnologien, die Versorgung der Konsumenten, der Handel und die Qualitätssicherung. Veterinärmedizinische Kontrollen sind wichtig, lösen aber ein Problem nicht, sondern stellen es nur fest. Es ist auch nötig, die Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft im Kontext zu halten, denn wovon ernähren sich Tiere (oder sollten es wenigstens)?

In Lehre und Forschung zu segmentieren ist der falsche Weg. Die anstehenden Probleme sind Symptome einer Systemkrise. Ihnen ist nur durch Integration aller einschlägigen Fächer - der Bio-, Ingenieur-, sozioökonomischen und medizinisch-hygienischen Disziplinen - beizukommen und nicht durch die Erhöhung der Schrebergartenzäune. Dass eine Universität in Japan die Bereiche Veterinärmedizin und Landwirtschaft trennt, ist kein Argument. In Finnland und Ungarn hat man fusioniert.

Sich per Kollegiumsbeschluss einzubunkern, reflektiert jedenfalls keine Zukunftsstrategie. Mehr Synergie durch Kompetenzbündelung und verstärkte Zusammenarbeit ist möglich und nötig. Es wäre schön gewesen, wäre die Diskussion darüber angenommen worden, als noch kein Ministerium involviert war.

Helmuth Gatterbauer,
Professor an der Universität für Bodenkultur in Wien