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Foto: Reuters/Bensch
Innsbruck - Die Weltgesundheitsorganisation habe bereits 1970 erstmals von einem breiten Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht gewarnt, erklärt der Innsbrucker Sozial- und Umweltmediziner Klaus Rhomberg im STANDARD-Gespräch, "aber nach wie vor werden Antibiotika nicht nur als Arzneimittel, sondern vor allem in der Schweinemast als Futtermittel und Leistungsförderer verwendet". Und zwar mit Wissen der politisch Verantwortlichen - "das ist der eigentliche Skandal". Im Auftrag der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" hat Rhomberg eine "Abschätzung der Gesundheitsgefährdung durch den Antibiotika-Einsatz in der Schweinemast" vorgenommen: Die größte Gefahr liege nicht in Antibiotika-Rückständen im Fleisch, weil diese "durch einen einfachen, aber verlässlichen Test entdeckt werden können". Gefährlicher sei, dass vermehrt antibiotikaresistente Keime entstehen, "die nachweislich auf den Menschen übertragbar sind". Die Experten seien sich einig, dass die Tiermast - bei der dieselbe Menge Antibiotika zum Einsatz käme wie in der gesamten Humanmedizin - am Entstehen solcher Keime einen "relevanten Anteil" habe, warnt Rhomberg. Übertragen durch Salat "Man hat entdeckt, dass in Darmbakterien bei Schweinezüchtern vermehrt Resistenzen gegenüber jenen Antibiotika auftreten, die in diesen Ställen verwendet wurden". Die resistenten Keime können vor allem über die Gülle und pflanzliche Produkte (ungewaschenen Salat) übertragen werden, vereinzelt über das Trinkwasser, Staubgebläse in Ställen oder auch bei Tiertransporten. Vom Amtstierarzt in Ried im Innkreis, Heinrich Breuer, weiß Rhomberg, dass "Tetracykline", ein wichtiges Antibiotikum für Menschen (gegen Cholera, Ruhr, Akne), prophylaktisch bei ganzen Ferkel- beständen verwendet würden, obwohl sie EU-weit nur mehr als Arzneimittel erlaubt seien. Alle Anzeigen seien bisher "abgeschmettert worden". Aber, so Rhomberg, ein sofortiges Absetzen von Antibiotika, ohne die Haltebedingungen zu ändern, würde den Tod vieler Tiere bedeuten. Die Verantwortlichen auch in Österreich hätten als Experten wissen müssen, meint Rhomberg, dass die Massentierhaltung ohne Einsatz von Antibiotika nicht möglich ist. Dennoch hätten sie immer größere Mastbetriebe zugelassen. "Es ist ein Hohn, dass vom Landwirtschafts- und Gesundheitsministerium noch letztes Jahr in Anfrageabeantwortungen die Existenz eines grauen Antibiotika-Marktes geleugnet wurde und sie jetzt die sofortige Umstellung auf Bio empfehlen." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.2.2001)