Linz - Aus einem Wirbel kreisender Körper löst sich eine große Gestalt im leuchtend roten Jackett. Ein Auge schwarz verbunden, halb zum Publikum gewandt, spricht Robert Poole in akzentuiertem Englisch den Auftrittsmonolog aus William Shakespeares finalem Rosenkriegs-Königsdrama Richard III . "Will ich mich nun bewähren als ein Schurke", heißt es da im letzten Satz des Monologs. Als skrupellos-intriganter Mörder setzt sich der Protagonist auch im weiteren Verlauf des gut 100 Minuten dauernden Tanzstücks schlagkräftig in Szene. Der gebürtige Brite Poole (er arbeitete auch mit William Forsythe) leitet seit der Spielzeit 1998/99 das Ballett des Landestheater Linz. In seiner choreographischen Inszenierung von Richard III stand er erstmals selbst als Interpret und Protagonist auf der Bühne des Großen Hauses. Als Choreograph ist er ein durchaus glaubwürdiger, mitunter überzeugend heuchlerisch-charmanter Titelheld. Doch ein von den Rollen her derartig monströses Schauspiel mit zehn Tänzern plausibel auf die Bühne zu bringen, ist nicht gerade einfach. Texttreue hat Poole bewusst nicht angestrebt. Seine Inszenierung bewegt sich zwar einigermaßen dem bekannten Handlungsbogen entlang, mischt diesen aber mit assoziativen Traumsequenzen und persönlich hinzugefügten Szenen. Es sind jene Passagen, in denen sich das Ensemble - teils mit konkreten Rollen ausgestattet oder als Corps de ballet agierend - profilieren kann. In ihrer gestischen Sprache sind die Tänzer mitteilsam. Und was sie auf der Bühne körperlich überaus flexibel vorführen, hat ohne Zweifel Qualität. Poole orientiert sich aber zu viel an der literarischen Vorkenntnis seines Publikums. Denn die spezifischen Rollentänze sind bei aller bewegungstechnischen Fertigkeit nicht allzu klar charakterisiert. Die symbolträchtige Ausstattung von Renate Schuller und Vesna Racic hilft aber bei der Entschlüsselung. Manche prägnante Schlüsselszenen wurden von Etsuko Akiya (Queen Margaret) in Japanisch trällernd und wild gestikulierend einer griechischen Seherin gleichsam vorgezeichnet. Zum Ende gibt es mörderische "Bluthunde" und ein Scheinwerferblitzgewitter: Der frisch gekrönte Richard III. wird geschlachtet, seine Höflinge stehlen sich davon. Robert Poole hat handwerklich passabel gearbeitet. Aus Shakespeares Richard III. blieb aber nur der aufgekochte Sud übrig. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. 2. 2001)