Der "Machatschek" dürfte dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, schon in die Wiege gelegt worden sein. Geboren 1952 in Haifa (Israel), ist er als Vierjähriger nach Wien gekommen. Er hat immer schon gerne organisiert, erinnern sich Schulkollegen an die Zeit im Wiener Lycée. Von der Maturareise nach Frankreich bis zur Spieleraufstellung auf dem Fußballplatz. Und das bei mangelndem fußballerischem Talent. Seit 1998 steht Muzicant der Kultusgemeinde mit ihren circa 7000 Mitgliedern vor. 1938 hatte die Gemeinde mehr als 180.000 Mitglieder. In etwa fünfzehn Jahren könnte sie gar nicht mehr existieren, fürchtet der IKG-Präsident. Die finanzielle Lage ist trist: Mehr als 600 Millionen Schilling Schulden wurden angehäuft. Bis in das Jahr 1981 seien zwei Drittel des Gemeindevermögens veräußert worden. Infrastruktur (Synagogen, Schulen und Friedhöfe) koste eben. Allein für die Erhaltung der Friedhöfe habe man 150 Millionen Schilling ausgegeben. Teilweise wird durch das NS-Entschädigungspaket, das der Nationalrat beschlossen hat, finanzielle Hilfe zugesichert. Dass nicht sämtliche Vermögenswerte, die sich im Besitz der öffentlichen Hand befinden, zurückgegeben werden, sei aber ein Skandal - eine Niederträchtigkeit, sagt Muzicant. Dass seine Entscheidung, das Abkommen für die Entschädigung von NS-Opfern nicht zu unterschreiben, in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stoßen könnte, hat Muzicant erwartet. Wahrscheinlich werde man ihn als "Extremisten oder Ähnliches" bezeichnen, sagte er am Mittwoch. Wenn ihm etwas nicht passt, kann er nicht schweigen: So nahm er ostentativ an der Großdemonstration gegen die schwarz-blaue Regierung teil und kritisierte nachdrücklich die Hetze gegen die evangelische Superintendentin Gertraud Knoll. Seine Äußerungen zur FPÖ haben ihm längst eine tiefsitzende Feindschaft eingebracht. Etwa wenn er über Jörg Haider sagt: "Er ist an sich nicht antisemitisch, aber er schafft den Antisemitismus." Von den Freiheitlichen angepatzt zu werden gehört daher zu seinem Geschäft. Man begegnet sich auch des Öfteren. Fast immer vor einem Gericht. Demnächst könnte es zu einem Treffen mit Jörg Haider kommen. Beinhart zu verhandeln hat Muzicant in seinem Brotberuf gelernt. Sein Erfolg beweist, dass er gut gelernt hat. Seine Immobilienfirma "Columbus" erarbeitet mit 25 Mitarbeitern einen Honorarumsatz von geschätzten 60 Millionen Schilling pro Jahr. Die Maklerkarriere war aber keineswegs geplant: Mit dem unerwarteten Tod des Vaters musste er dessen Geschäft übernehmen. Eigentlich hatte er andere Pläne: Muzicant ist Mediziner - sogar ein Jahr als Turnusarzt hat er absolviert. Den Wunsch, Radiologe zu werden, konnte er sich nicht erfüllen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. 2. 2001)