Nahost-Konflikt
Barak wirft Sharon Kriegshetze vor
Warnung vor extremster Regierung in der Geschichte Israels
Jerusalem - Wenige Tage vor der israelischen Ministerpräsidentenwahl hat Amtsinhaber Ehud Barak am Freitag seinen Gegenkandidaten Ariel Sharon scharf angegriffen. Barak beschrieb den Chef der oppositionellen Likud-Partei als einen Kriegshetzer, dessen
extreme Politik Israel international isolieren werde. Bei jedem Fehler, in den Israel im vergangenen Jahrzehnt hineingezogen worden sei, habe
Sharon eine dominierende Rolle gespielt, sagte Barak in einem am Abend ausgestrahlten Interview mit dem amerikanischen Nachrichtensender
CNN. Der Tageszeitung "Yedioth Achronot" sagte Barak, Sharon werde die extremste Regierung in der Geschichte des Landes bilden.
In einem Interview mit einem israelischen Fernsehsender verteidigte der Ministerpräsident das Vorgehen seiner Regierung gegen aufständische
Palästinenser: "Wir setzen gegen die Palästinenser Mittel ein, die wir noch nie benutzt haben, und wir erwischen alle, die uns verletzen, mit einem
Erfolg, wie wir ihn seit Jahren nicht hatten", sagte er.
Barak deutlich hinter Sharon
Dass seit Ende September ein Aufstand in den Palästinenser-Gebieten anhält, wird Barak als Misserfolg seiner Friedenspolitik angelastet. In den
Meinungsumfragen lag er auch drei Tage vor der Wahl um mehr als 15 Prozent hinter Sharon.
Der Oppositionsführer bekräftigte am Freitag, keine Verhandlungen mit den Palästinensern führen zu wollen, so lange Terror und Gewalt
herrschten. Sicherheit sei die Bedingung für Frieden, sagte Sharon der Tageszeitung "Maariv" und warf Barak vor, in den Verhandlungen mit den
Palästinensern Zugeständnisse gemacht zu haben, die die Existenz des Staates gefährdeten.
Israel und die Palästinenser ringen seit Monaten um ein Abkommen über den endgültigen Status der Palästinenser-Gebiete. Barak hatte seinen
Rücktritt im Dezember nach nur 18-monatiger Amtszeit damit begründet, dass er ein neues Mandat für seine Friedenspolitik erhalten wolle.
Israel wählt den Regierungschef direkt. Die Wahl findet am Dienstag statt.
Unterstützung von Clinton
Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton unterstützte Barak unterdessen indirekt in einem vom israelischen Fernsehsender Kanal Zwei
ausgestrahlten Interview, dem ersten seit seinem Ausscheiden aus dem Amt am 20. Jänner. Clinton würdigte Barak darin als mutigen
Friedensstifter. Der Friedensprozess müsse andauern, sagte Clinton, der in Israel große Popularität genießt. Der Konflikt mit den Palästinensern
müsse gelöst werden, sonst werde er immer wiederkehren. Über Sharon äußerte sich Clinton zurückhaltend. "Ich kenne seine Ansichten, und ich
weiß, wie fest er sie vertritt", sagte Clinton. (APA/Reuters/AP)