Paris - Der frühere französische Ölkonzern Elf-Aquitaine war stets mehr als ein reines Versorgungsunternehmen. Der Staatsbetrieb war als Instrument für die Sicherung französischer Interessen auf internationaler Ebene angelegt, vor allem in den einstigen Kolonien in Afrika. Der Konzern wurde in den 60er-Jahren im Auftrag des früheren Staatschefs Charles de Gaulle von Pierre Guillaumat aufgebaut, einem erfahrenen Geheimdienstmann. Der zog neben dem eigentlichen Ölgeschäft ein Geflecht aus Seilschaften auf, in dem wirtschaftliche Interessen, Geheimdienstaktivitäten und Militärinterventionen zusammenspielten. Dabei stieg das Unternehmen faktisch zum zweiten Außenministerium Frankreichs auf. Dieses verdeckte System blieb unverändert bis etwa 1993 bestehen. Anschließend wurde der Konzern privatisiert und ging bei einer Fusion im vergangenen Jahr im Konzern TotalFinaElf auf. Elf sollte nicht nur Öl für Frankreich fördern, sondern auch die Stimmabgabe der afrikanischen Staaten bei der UNO im Sinne von Paris sicherstellen, gestand Loik Le Floch-Prigent, Elf-Chef von 1989 bis 1993. Floch-Prigent holte 1989 den Manager Alferd Sirven zu Elf und machte ihm unter dem harmlosen Titel "Direktor für allgemeine Angelegenheiten" zur faktischen Nummer Zwei des Konzerns und zum Herrscher über die dunklen Auslandskontakte. Sirven leitetete dafür von Genf aus die Filiale EAI, die in mehreren Korruptionsaffären als Geldgeber auftaucht, so auch bei den Leuna-Ermittlungen. Millionenschwere Provisionen Beim Bau der ostdeutschen Raffinerie sollen millionenschwere Provisionen und überhöhte Subventionen geflossen sein. Hohe Beträge sollen möglicherweise während der Kanzlerschaft von Helmut Kohl an die CDU als Wahlkampfhilfe gegangen sein, was Kohl und die Partei vehement abstreiten. Einige französische Zeitungen vermuten sogar, dass die Zahlungen auf Initiative des damaligen französischen Staatspräsidenten Francois Mitterrand hin erfolgten. Bisher wurde bei den Ermittlungen in Deutschland jedoch kein Durchbruch erzielt, zumal wichtige Dokumente im Kanzleramt offensichtlich verschwunden sind. In Afrika ging die Einflussnahme wesentlich weiter. Dort etablierte sich Elf regelrecht als eigener Staat und sicherte mit Schmiergeldern und Söldnern jahrzehntelang die französische Vormachtstellung in Westafrika. Gabun wurde dabei zum Eckpfeiler des Imperiums. In der Hauptstadt Libreville siedelte Elf zahllose zweifelhafte "Investitionsfonds" an, die vor allem den Zweck hatten, schwarze Konten in Luxemburg, Liechtenstein und der Schweiz zu füllen. Ein Teil des Geldes ist dabei zum Teil wieder bis in die höchsten Sphären der Pariser Macht zurück geflossen. Seit 22. Jänner wird in Paris gegen den früheren Außenminister und Mitterrand-Vertrauten Roland Dumas verhandelt, der zusammen mit seiner Geliebten und Elf-Bedientsteten Christine Deviers-Joncour von Millionengeschenken profitiert haben soll. In dem Verfahren ist Sirven Mitangeklagter. Nach seiner Festnahme ist mit neuen Verfahren und Enthüllungen zu rechnen. (APA)