Brisbane/Wien -
Wissenschaftler suchen im Kampf gegen
Erkrankungen wie Krebs und Aids am Großen
Barrier-Riff in Australien nach Wirkstoffen, die in
unzähligen Mikroorganismen, Giften und natürlich
hergestellten Chemikalien vorhanden sein sollen.
Für Joe Baker, leitender Forscher in Queensland, ist
der Ozean der Ursprung des Lebens, und damit die
Quelle von Millionen unentdeckter Mikroorganismen.
"80 Prozent des Lebens stammt aus dem Meer. Man
kann als Wissenschaftler davon ausgehen, dass die
Ozeane ungefähr viermal so viele Lebewesen
beheimaten wie die gesamte weltweite
Landoberfläche." Potenziell bedeute das, dass der
Wert der Erkenntnisse dort so groß ist, wie die
gesamte pharmazeutische Wirtschaft von heute.
Die Wissenschaftler wie Baker wollen mit ihren
Entdeckungen den fünften Kontinent an die Spitze der kommerziellen
Pharmazie aus dem Meer machen. "Australien hat eine der längsten
Küstenlinien der Welt, eine verhältnismäßig geringe Einwohnerzahl und fast
keine Umweltverschmutzung – all das sind enorm gute Voraussetzungen für
die Erforschung der natürlichen Ressourcen."
Dass der Ozean hochwirksame Substanzen für die Pharmindustrie enthält,
davon ist auch Peter Isdale, Direktor des Australischen Instituts für
Meeresforschung
AIMS
überzeugt. "In mehr als 600
Mio. Jahren haben diese Lebewesen natürliche chemische Waffen gegen alle
möglichen Einflüsse entwickelt. Viele dieser Chemikalien können Zellen töten.
Wissenschaftler müssen nur die richtigen chemischen Substanzen zu finden,
die zum Beispiel Krebszellen vernichten können", so der Forscher.
Die Suche nach neuen Wirkstoffen in den Korallenriffen ist bereits von Erfolg
gekrönt: Australische Forscher haben in Korallen einen Wirkstoff zur
optimalen Herstellung von Sonnenschutzmitteln entdeckt. Das natürliche
Herbizid, das von Mikroalgen produziert wird, schützt Korallen vor dem
Verbrennen in der tropischen Sonne, wenn die Ebbe einzelne Korallenstöcke
freilegt.
Als besonders wirksamer Stoff gegen Schmerzen stellte sich auch das Gift
der Kegelschnecken der Gattung Conidae heraus. Hans-Georg Kress
von der
Universitätsklinik für
Anaesthesie und allgemeinen Intensivmedizin am AKH-Wien
bestätigt den
Erfolg des natürlichen Wirkstoffs. "Die Ergebnisse sind sehr gut und zeugen
vom ungeheuren Potenzial der Wirkstoffe aus der Natur", so der Mediziner,
der die größte Schmerzambulanz im deutschssprachigen Europa leitet, zu
pressetext.austria. Das Gift, sogenannte Conopeptide, wird erfolgreich bei
Gürtelrose, Nervenverletzungen und neuropathologischen Tumoren
verwendet.
Die Kegelschnecken verfügen über einen kompliziert gebauten Giftapparat,
der kleine Giftpfeilen auf sein Opfer schießt. Manche Conus-Gifte sind auch
für den Menschen tödlich. Seit fünf Jahren beschäftigt sich der
Wissenschaftler Bruce Livett von der Universität von Melbourne mit der
Verwendung von Conus-Giften für die Wissenschaft. (pte)