Erwin Steinhauer nimmt bald Abschied vom Abschied vom Kabarett: Sein "Comeback"-Programm trägt den Titel "Ausrichten" und präsentiert sich als Zusammenarbeit mt dem Autor Rupert Henning, erfuhr STANDARD-Mitarbeiter Peter Blau . Wien - "Damals war es ja schon so, dass viele Leute sogar mit ihren Kindern in meine Programme gekommen sind, weil es bei mir offenbar eine so nette Unterhaltung mit vielen lustigen Nummern gab." Erwin Steinhauer erinnert sich heute mit leichtem Schaudern an die Gründe für sein freiwilliges Ausscheiden aus der Kabarettszene im Jahr 1992: "Das Dazwischen und das Drumherum in meinen Abenden hat das Publikum halt irgendwie in Kauf genommen. Diese Möglichkeit wird es jetzt nicht mehr geben. Es wird spröder, verwirrender werden - und es hat mehr mit mir zu tun. Das ist durchaus als Warnung zu verstehen." Die Rede ist von Ausrichten , jenem neuen Programm, mit dem sich der einstige Mitbegründer der oft als Keimzelle der heutigen Kabarettszene bezeichneten Gruppe Keif (1974-1978, u. a. mit Lukas Resetarits) und langjährige erfolgreiche "Solist mit Pianist" nun nach neunjähriger Kabarettabstinenz zurückmeldet. Gute Gründe für sein "Comeback" nennt Erwin Steinhauer im Gespräch mit dem STANDARD viele. Vor allem sei es "eine Art Akt der Notwehr", eine "unter den Nägeln brennende" Reaktion auf die veränderte politische Lage, der er hofft, zumindest in einem Punkt Gutes abgewinnen zu können: "Ich glaube, dass der Grad der Sensibilität und der Hellhörigkeit beim Publikum heute höher ist." Entscheidend zu seiner Motivation beigetragen hat auch der Umstand, dass Ausrichten von Anfang an nicht als Soloprogramm geplant war: Auf die Zusammenarbeit mit dem vielseitigen Autor, Schauspieler und Regisseur Rupert Henning freut Steinhauer sich bereits, seit er mit ihm 1997 im Einakter 610, Bedford Drive (von Michaela Ronzoni) zusammen auf der Bühne der "Drachengasse" stand. Der Text für Ausrichten entsteht zurzeit in enger Kooperation mit einem Autorenteam, dessen langjährige Eingespieltheit bei der Erarbeitung diverser Theaterstücke, Kabarettprogramme, Comedy- Shows und TV-Drehbücher schon fast inzestuöse Züge trägt: Florian Scheuba, Thomas Maurer und Uli Brée. Von den Steinhauer-Autoren von "damals" ist nur Fritz Schindlecker mit von der Partie. Gab es die Wende? Konkretes über den zu erwartenden Inhalt von Ausrichten ist Steinhauer und Henning nur wenig zu entlocken: "Ein Punkt, der sicherlich eine Rolle spielen wird, ist die angebliche Repolitisierung seit der Wende. Und die Frage: Hat es diese Wende überhaupt gegeben?" Gerade das politische Kabarett laboriere an einer zunehmend gefährlichen Zweischneidigkeit: Bei dem von ihm inszenierten, höchst erfolgreichen Maurer/Scheuba-Programm Zwei echte Österreicher , erzählt Rupert Henning, habe er immer wieder erleben müssen, dass ausgerechnet jene Passage, in der Scheuba als Haider "rechte Witze" reißt, besondere Heiterkeit ausgelöst habe: "Diese Lacher von der falschen Seite sind ein Punkt, der uns wahnsinnig interessiert." Hoch an der Zeit, dass sich das Kabarett mit seinem deutlich inhomogener gewordenen Publikum näher auseinander setzt. Denn wo sich Steinhauer "höhere Sensibilität" erhofft, befürchtet Henning eher zunehmende Indifferenz: "Es gibt so etwas wie einen gesellschaftlichen Konsens, dass man ins Kabarett geht. Die Frage, wer da was auf der Bühne macht, stellt sich im Publikum überhaupt nicht. Hauptsache, mir san dabei." "Privatisierung" Eine Entwicklung, deren Ursachen auch aufseiten der Künstler zu suchen sei, denn die in den 90ern höchst erfolgreiche "Privatisierung" des Kabaretts sei bisweilen, so Henning, doch wohl nur ein vornehmer Vorwand gewesen, um sich nicht auf einer Bühne deklarieren zu müssen. Nicht umsonst haben Erwin Steinhauer und Rupert Henning ihr Programm "Ausrichten" genannt - in aller Vieldeutigkeit des Begriffs. Henning: "Das kann man zwar auch in der klassischen, negativen österreichischen Bedeutung verstehen, aber es heißt auch 'Dinge gerade richten' und 'Dingen eine andere Richtung geben'. Oder auch dem Publikum etwas ausrichten, was man ihm bislang so noch nicht gesagt hat." Und Steinhauer ergänzt: "Nach dem Motto : I wea eana jetzt wos ausrichten - oba i wea damit woascheinlich nix ausrichten." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6. 2. 2001)