Thomas Schäfer-Elmayer ist nicht nur Chef der traditionsreichen Wiener Tanzschule. Er ist auch Benimm-Lehrmeister. Über Prinzen und ihre Eigenart sprach er mit Peter Mayr .Standard: Was verbinden Sie mit dem Begriff des "kleinen Prinzen"? Elmayer: Der kleine Prinz hat die Erde vom Weltall aus betrachtet und gemerkt, wie klein die ganzen Sorgen der Menschen eigentlich sind. Standard: Welche Fähigkeiten sollte ein Prinz besitzen? Elmayer: An sich muss ein kleiner Prinz Menschenkenntnis besitzen - sowie Taktgefühl und Einfühlungsvermögen. Er muss viel und gut denken können. Standard: Wie unterscheidet er sich vom gemeinen Volk? Elmayer: Der Unterschied ist, dass man an ihn viel höhere Anforderungen stellt. Er hat praktisch kaum die Möglichkeit, eine normale Kindheit zu durchleben. In dieser Hinsicht hat er es schwerer. Standard: Bilden Sie in Ihrer Tanzschule kleine Prinzen aus? Elmayer: Das glaube ich eigentlich nicht. Wir versuchen nur, etwas Allgemeinwissen, welches das Zusammenleben in der Gesellschaft erleichtert, zu vermitteln. Wir lehren nicht nur, wie man tanzt. Bei uns wird auch 2. Spalte vermittelt, mit bestimmten Kommunikationsmitteln wie etwa Umgangsformen richtig umgehen zu können. Standard: Das heißt, man wird doch an diese Kleinprinzenrolle herangeführt? Elmayer: Nein, eigentlich nicht. Das ist genauso wichtig für einen jungen Menschen, der im Gefängnis sitzt, wie für jemanden, der künftiger Handelsdelegierter wird. Natürlich auf einer anderen Ebene. Es gibt ja keine Universalgenies, daher ist diese Fähigkeit gerade in einer Zeit, wo sich technisch alles sehr schnell entwickelt und man mehr denn je auf andere Menschen angewiesen ist, besonders wichtig. Standard: Glauben Sie, dass Kanzler Wolfgang Schüssel so ein kleiner Prinz ist? Elmayer: Er ist ein gestandener Mann. Jemand, der in dieser politischen Landschaft derart geschickt agieren kann, ist längst über das Prinzenstadium weit hinaus. Standard: Dann ist er quasi ein Kaiser? Elmayer: Ja, sozusagen. Ich möchte kein Politiker sein. Das ist schon eine ganz besondere Fähigkeit. Speziell bei Schüssel. Man muss bedenken, wie es seinen Vorgängern ergangen ist. Es ist wirklich erstaunlich, wie er die Partei führt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.2.2001)