Roman Freihsl

Wien - Manchen wurde etwa "bewusst, wie beeinflussend auch nur ein Pinselstrich sein kann, wie eine Linie ein anderes Bild macht" - andere schafften nach dem einjährigen Intensivlehrgang den Sprung ins Kunststudium. Die Werkstätte für Kunst und Kultur in der Wiener Leopoldstadt ist jedenfalls ein ungewöhnliches Kurszentrum - und nicht nur, weil sich diese Institution allein aus Kursbeiträgen erhält, ganz ohne Sponsoren oder Subventionen.

"Es geht nicht nur darum, Technik zu vermitteln, sondern vor allem auch Ruhe, Konzentration und Entspannung - etwas, das im Berufsleben immer mehr abnimmt", berichtet Susanne Kos, Leiterin und Gründerin der Kunstwerkstätte, nachdem sie bei einem Rundgang im Kursraum beobachtete, wie die Kursteilnehmerinnen gerade darangehen, ihre Aktskizzen farblich umsetzen. "Im Grunde geht es darum, wieder in ein spielerisches Element hineinzukommen", beschreibt Kos, selbst Malerin, ihr eigenes Anliegen.

Im Leben surfen

"Mir geht seit Tagen das Bild eines Snowboardfahrers nicht aus dem Sinn", beschreibt wiederum Alexandra Zeitz eher ungewöhnlich ihren Ansatz für die Kulturwerkstatt: "Mit beiden Beinen fest auf einem Brett, aber auf einem Element, das keinen Widerstand bietet. Da gilt es, innere Beweglichkeit zu entwickeln. Eine Konzentration, die es ermöglicht, das Fortkommen zu meistern." Kurz: Sie wolle "geistig-seelisches Snowboard fahren vermitteln". Oder, anders gesagt: "Wir alle surfen eifrig im Internet herum - aber wer vermag schon in seinem eigenen Leben zu surfen?"

Deshalb steht etwa bei den Kulturkursen ein Thema im Mittelpunkt - aber kein Vortragender. Im gemeinsamen Gespräch nähern sich die Teilnehmer etwa Goethes Faust oder dem Ulysses von James Joyce. Zeitz: "Bei acht bis zehn Teilnehmern hat jeder eine andere Wahrnehmung, die einander ergänzen. Und da gilt es, neue Standpunkte zu akzeptieren und anzunehmen."

Auch Kos will bei ihrer Arbeit in der Kunstwerkstätte "zum Unterschied zu anderen Angeboten nicht nur Techniken vermitteln. Nur soweit sich der Mensch als Ganzes entwickelt, ist eine künstlerische Entwicklung möglich."

Sommer in Cornwall

So findet etwa beim Zyklus Lyrik und Malen (am 17. und 18. 2.) erst eine Interpretation der Gedichte von Christine Lavants statt, bevor die Sprachbilder in Malerei verwandelt werden. "Verwandelt, nicht umgesetzt", betont Zeitz. Eine besonders intensive Auseinandersetzung in diese Richtung plant Kos für den zweiwöchigen Sommerkurs der Kunstwerkstätte: Im Rahmen einer Cornwall-Reise sind nicht nur Besichtigungen vorgesehen, sondern auch täglich fünf bis sechs Stunden Malen. Zeitz wiederum wird ihren Sommerkurs der Kulturwerkstätte einem Ingeborg-Bachmann-Thema widmen: "erkläre mir, liebe".