Bühne
Theater ist was Tolles
Die todgeweihte
"Next Liberty" feiert in Graz Premiere von
"Das Barbecue"
Graz - Weder sei es eine lang vorbereitete Entscheidung gewesen noch eine Reaktion im Affekt, kommentierte Brigitta Thelen ihren Entschluss, den Vertrag als Leiterin des "Next Liberty" mit Ende der Saison auslaufen zu lassen. Kalkül sei nicht im Spiel, sondern vielmehr die Gewissheit, dass ihr die Pläne der neuen Bühnen-Indentantin Karen Stone keine eigenständige Arbeit mehr erlaubten.
Thelen, die die Bühne im Thalia-Komplex aufgebaut hat und das sechste Jahr leitet, sieht sie als Ort, wo ein junges Publikum erfahren soll, dass Theater was Tolles ist. Und so mischte das "Next Liberty", dessen Geschichte seit 1995 sich als einzige Erfolgsstory liest, seinen Zusehern zwischen vier und sechzehn Jahren Lustiges, Spannendes, Ernsthaftes und Brisantes, viel Musik und immer auch Tanz. So manche Produktion des jungen Ensembles - man denke an
Der Schüler Gerber
- hätte ohne weiteres dem Schauspielhaus Ehre gemacht.
Zehn Premieren pro Jahr, gut aufbereitet für die Zusammenarbeit mit Schulen, zeugen auch vom gesellschaftspolitischen Elan der Leiterin, die über die "Kindesweglegung" freilich traurig ist, denn zehn Jahre "wie jeder Wirtschaftsbetrieb" hätte sie für ihre Aufbauarbeit gerne gehabt. Ein Maximum an Entscheidungsfreiheit habe sie unter den gegebenen Bedingungen nützen können, streut Thelen dem scheidenden Intendanten Rosen und bedauert den mangelnden politischen Willen zu einem eigenständigen Jugendtheater in Graz.
Im Sommer 2001 beginnt der Umbau der Thalia, zwei Jahre bleibt die Bühne geschlossen. Ein alternativer Spielort wäre für Thelen kein Problem, solange die Kontinuität der Marke "Next Liberty" gewahrt bleibe. Doch deren Ende ist bereits abzusehen. Vorerst aber gab es mit der Musical Comedy
Das Barbecue
im ausverkauften Haus eine umjubelte Premiere, die durchaus als Statement für Brigitta Thelen verstanden werden durfte.
Michael Schilhan inszenierte grell und (fast immer) sehr witzig Jim Luigs Ring-Version, die keine Wagner-Parodie sein will, aber doch dort am gelungensten ist, wo intertextuelle Bezüge wirksam werden. Die Musical-Seele des Werks hat Schwächen und Längen, aber das Ensemble ist mit Tempo dabei. Andreas Kuprian-Maiers Bühne, ein multifunktionales Western-Interieur, fungiert sowohl als Gibich Ranch wie als Dwarftown und Mesa Rock. Sandy Lopicic und seine Mannen musizieren in abenteuerlicher Cowboy-Adjustierung auf der Bühne, und es gibt viel zu lachen - wenn auch kaum "ab vierzehn".
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6. 2. 2001)