Yaoundé/Chambéry - Seit Anfang Februar sprudelt mitten aus Lake Nyos, einem See in einem früheren Vulkan in Kamerun, ein Springbrunnen. Er dient nicht der Erbauung, er soll die Wiederholung einer Katastrophe verhindern, die sich am 21. August 1986 ereignete. Damals explodierte der See und entließ eine Gaswolke, die dicht über dem Boden blieb und als "schwarzer Strom" zwei Täler hinabfloss. Wer dort lebte, hatte keine Chance, 1700 Menschen und 3000 Stück Vieh erstickten, an Kohlendioxid (CO2), das bei Konzentrationen über zehn Prozent in der Luft tödlich ist. Dieses Gas dringt von unten durch Felsspalten in den 208 Meter tiefen See, dessen Wasser sich kaum durchmischt, weil es durch die Kraterwände vor Wind und durch das Klima vor dem Einfrieren geschützt ist. Deshalb ist der See geschichtet wie eine Torte: Ganz unten wird das Wasser immer stärker mit CO2 gesättigt. Das bleibt durch den Druck des auf ihm lastenden Wassers lange flüssig. Erst wenn die Sättigung den Druck ausgleicht, passiert dasselbe wie beim Öffnen einer Sektflasche: Das Gas bildet Blasen und strömt mit starken Druck nach oben. 80 Millionen Kubikmeter kamen 1986, seitdem fürchtet man den nächsten Ausbruch. Und die CO2-Konzentrationen steigen bedenklich: Waren 1995 noch 5,5 Liter CO2 in jedem Liter Tiefenwasser gelöst, sind es jetzt neun pro Liter, insgesamt 300 Millionen Kubikmeter. Das zeigen Messgeräte des "Nyos-Monoun Degassing Programm", das in breiter internationaler Zusammenarbeit unter dem französischen Geologen Michel Halbwachs (Chambéry) dem Problem an die Wurzel rücken will, auch beim benachbarten Lake Monoun, der 1984 explodierte und 84 Menschen tötete. Man will mit Rohrsystemen Tiefenwasser so weit nach oben pumpen, bis sich Gasblasen bilden und mit 300 Kilometern pro Stunde durch ein Rohr in einer 30 Meter hohen Fontäne aus dem See jagen. So hoch ist sie im jetzigen Versuchsstadium noch nicht. Da die Entgasung mit Risiken verbunden ist - sie könnte die nächste Explosion auslösen -, tastet man sich vorsichtig voran und ist noch in einem Stadium, in dem die ganze Maschinerie abgestellt werden kann. (jl) (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. Februar 2001)