Noch liegen die Ergebnisse des vom Bundeskanzleramt in Auftrag gegebenen TV-Frequenzgutachtens nicht vor, von Regierungsseite aber gibt es bereits Signale für die zukünftige Frequenz-Strategie. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) erklärte kürzlich in einem Interview mit der "Presse", er sei "überzeugt, dass es zumindest einen dritten Kanal für Österreich gibt. Der wird für privates Fernsehen im Wettbewerb zum öffentlich-rechtlichen ORF zu Verfügung stehen". Dies würde aber auch bedeuten, dass die vom ORF gewünschte Digitalisierung der so genannten dritten Kette nicht realisiert wird. Derzeit stehen für die Verbreitung von terrestrischem (via Hausantenne empfangbarem) Fernsehen drei flächendeckende Senderketten zur Verfügung. Zwei davon werden vom ORF genutzt. Die regionale Auseinanderschaltung nach Bundesländergrenzen ist nur auf der zweiten der drei Frequenzketten möglich, der ORF nutzt diese zur Ausstrahlung seiner Regionalprogramme "Bundesland heute". Die dritte Kette wird gegenwärtig nicht genutzt. Für diese Frequenzkette stehen unterschiedliche Szenarien zu Debatte. Der ORF hatte in der Vergangenheit empfohlen, die dritte Kette für die Digitalisierung zu nutzen. Die heimischen Privat-TV-Betreiber plädieren jedoch dafür, die entsprechenden Frequenzen rasch analog zu vergeben und Privat-TV möglichst bald zuzulassen, da die Einführung von digitalem Fernsehen mehrere Jahre dauert. So fordert etwa ATV-Geschäftsführer Tillmann Fuchs, die dritte Fernsehkette analog zu vergeben: "Wenn der ORF unbedingt digital ausstrahlen will, soll er das tun, aber nicht auf der dritten Kette." Ganz ähnlich äußerte sich dazu der Bundeskanzler: "Die Digitalisierung des ORF sollte schließlich nicht so laufen, dass damit privates Fernsehen unmöglich wird", so Schüssel. Für die von der Regierung angestrebte offensive Digitalisierung der österreichischen TV-Landschaft müssten dann aber zusätzlichen Frequenzen herangezogen werden. In Frage dafür kämen mögliche Kapazitäten in Ballungsräumen, die ebenfalls Gegenstand des Gutachtens sind, heiß es unter Medienexperten. Noch im November des Vorjahres hatte allerdings der zuständige Staatssekretär Franz Morak (ÖVP) das umgekehrte Modell in Aussicht gestellt. Und: "Der Bundeskanzler irrt nie", kommentierte ein Mitarbeiter Moraks auf APA-Anfrage die Aussagen des Regierungschefs. "Das wird man erst nach Vorliegen des Frequenzgutachtens beurteilen müssen, ich glaube aber, dass der Bundeskanzler hier die Sachlage durchaus richtig beurteilt." Das "vorläufige Endergebnis" der Frequenz-Studie mit aussagekräftigen Daten soll Ende Februar vorliegen. Sinnvoll erschiene die analoge Strategie auch, weil Experten wiederholt die Chancen für eine rasche Etablierung von digitalem terrestrischem Fernsehen in Frage gestellt haben. Bezweifelt wird unter anderem, ob die nötigen Sendeanlagen rasch genug aufgestellt werden können; skeptisch wird auch die Bereitschaft der Konsumenten zum Umstieg auf neue technische Plattformen beurteilt. Nach dem vom Bundeskanzler angedeuteten Modell könnten digitale Testbetriebe in einzelnen Ballungsräumen - etwa Wien, Linz oder Salzburg - gestartet werden, zugleich aber wäre ein österreichweites Privat-TV-Programm terrestrisch zu empfangen. (APA)