Chile
Neues Dokument belastet Pinochet
Vertrauliche Notiz schlug Argumente zur Rechtfertigung von MOrden vor
Santiago - In Chile ist ein neues Dokument aufgetaucht, das den wegen Menschenrechtsverbrechen angeklagten Ex-Diktator
Augusto Pinochet nach Einschätzung seiner Kritiker schwer belastet. Dem am Mittwoch von der Zeitung "El Mostrador"
veröffentlichten Dokument zufolge wusste der frühere Militärmachthaber nicht nur von den Verbrechen der so
genannten Todeskarawane, sondern hat zumindest einen der von ihr verübten Morde ausdrücklich gerechtfertigt.
In einer vertraulichen Notiz Pinochets an den Militärberichterstatter Osvaldo Salas von 1973 erklärt der Diktator demnach, wie der Mord an
dem Oppositionellen Eugenio Ruiz Tagle Orrego durch die "Todeskarawane" gegenüber dem Justizministerium dargestellt werden soll:
"Schlage vor zu antworten: Herr Eugenio Ruiz Tagle O. ist auf Grundlage schwer wiegender Vorwürfe gegen ihn hingerichtet worden. Nach
vorliegendenden Informationen wurde er nicht gefoltert", schrieb Pinochet damals dem Militärberichterstatter.
Der Opferanwalt Eduardo Contreras bezeichnete das Dokument am Mittwoch als "juristischen Todesstoß für Pinochet". Er überreichte das
Schreiben dem Berufungsgericht in Santiago de Chile. Dem Gericht liegt ein Berufungsantrag von Pinochets Anwälten gegen seine erneute
Anklage vor. Der Ermittlungsrichter Juan Guzman Tapia hatte den 85-Jährigen im vergangenen Monat wegen der unter seiner
Militärherrschaft begangenen Verbrechen angeklagt und unter Hausarrest gestellt. Guzman will dem Ex-Gewaltherrscher wegen der
"Todeskarawane" den Prozess machen, die nach Pinochets Machtübernahme 1973 durchs Land zog und 75 Oppositionelle verschleppt und
ermordet haben soll.
Unter Pinochets 17 Jahre dauernder Diktatur (1973 bis 1990) wurden nach amtlichen Angaben etwa 3.000 Menschen getötet. Zehntausende
verschwanden spurlos oder wurden ins Exil getrieben. Die meisten Verbrechen fallen jedoch unter eine umfangreiche Amnestie und können
nicht mehr geahndet werden. Gegen den früheren Diktator liegen zurzeit mehr als 220 Strafanträge oder Klagen vor, mindestens 13 davon
betreffen direkt die "Todeskarawane". (APA/AP)