Zum Thema "Frauenquote in Orchestern" signalisiert Franz Morak im STANDARD Chat (6. 2.) einerseits Verständnis für dieses "Anliegen" (welches genau?), hält andererseits Quoten jedoch für kontraproduktiv und bezeichnet die Wiener Philharmoniker als "Glücksfälle der orchestralen Selbstverwaltung", die über die Zusammensetzung des Orchesters eben selbst entscheiden können. Im Hinblick auf die rechtliche und politische Verantwortung eines Staatssekretärs erscheint diese Haltung allerdings in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Zum einen steht die Aussage des Staatssekretärs, er sei "gegen jede Form von Quoten", de facto im Widerspruch zur geltenden Gesetzeslage: Nach dem Bundestheaterorganisationsgesetz sind auf die Arbeitnehmer/innen der Wiener Staatsoper - und damit auch auf die Mitglieder des Staatsopernorchesters - die Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes anzuwenden. Dort wieder ist vorgesehen, dass Frauen bei gleicher Qualifikation so lange einzustellen und zu fördern sind, bis sie in allen Gehalts-und Funktionsebenen einen repräsentativen Anteil von 40 Prozent erreicht haben - ein Ziel, das nicht zuletzt dank vielfältiger Umgehungsmöglichkeiten dieser Regelung noch weit entfernt liegt. Doppelt so hohe Hürden Zudem sind die Hürden für Frauen beim Zugang zu den Wiener Philharmonikern doppelt so hoch: Bekanntlich gehören deren Musiker fast alle dem Staatsopernorchester an, das als eine Art Nachwuchspool für die Philharmoniker fungiert. Ist für Frauen bereits der Zutritt zum Staatsopernorchester erschwert, sind ihre Chancen, bei den Philharmonikern zu reüssieren, umso geringer. Dazu kommt, dass sich die Wiener Philharmoniker (als ein formal vom Staat unabhängiger Verein) die Freiheit nehmen, Frauen von der Mitgliedschaft auszuschließen - die singuläre Ausnahme bestätigt die Regel. Dass es mit dieser "Unabhängigkeit vom Staat" in der Realität nicht so weit her ist, zeigt schon allein der Umstand, dass die Wiener Philharmoniker durch eine Quasi-Pragmatisierung im Staatsopernorchester enorm profitieren: Die Freiheit von existenziellen Sorgen dank sicherer Gehalts-, Urlaubs- und Pensionsregelungen begünstigt zweifellos die bewiesenen künstlerischen Hochleistungen. Darüber hinaus haben die Wiener Philharmoniker bis vor wenigen Jahren auch staatliche Förderungen erhalten. Im Zusammenhang mit der Chancengleichheit für Musikerinnen, auch in "großen" Orchestern mitzuspielen, bleiben derzeit also noch viele Fragen offen. Einer Lösung der damit verbundenen Probleme hätte sich wohl auch der zuständige Kunststaatssekretär zu widmen, der als oberstes Organ der Verwaltung bei der Erfüllung seiner Aufgaben nicht nur an den Gleichstellungsgrundsatz der Bundesverfassung gebunden ist, sondern aufgrund der Gleichbehandlungsbestimmungen des EU-Rechts sowie der UNO-Frauenrechtskonvention darüber hinaus verpflichtet ist, jede Form der Diskriminierung von Frauen zu bekämpfen sowie die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Realität zu fördern. Statt sich auf die eingangs erwähnte Position zurückzuziehen, wäre der Staatssekretär also vielmehr zu aktivem Handeln verpflichtet. Lösung: Subventionierung für Frauenorchester Eine Möglichkeit des Staates, private Institutionen zu gewünschten Verhaltensänderungen "anzuregen", bietet etwa die Förderungsverwaltung: Solange "Männerorchester" ihre Resistenz gegen eine "Verweiblichung" nicht aufgeben, wäre eine extensive Subventionierung von Frauenorchestern ein probates Mittel und ein positives Signal für all jene, die bereits willens sind, ihren Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit auf diesem Gebiet zu leisten. Apropos Hürden für Frauen: Mutatis mutandis gilt das eben Gesagte auch für den Zugang von Frauen zur Ausbildung als Bereiterinnen der Lipizzaner. Die Spanische Reitschule ist wie jede andere Arbeitgeberin auch an die Gleichbehandlungsgesetze gebunden. Wenn deren neuer Geschäftsführer (wie DER STANDARD berichtete) nun meint, Frauen nur dann zur Ausbildung zuzulassen, wenn die rein männliche Kollegenschaft damit einverstanden ist, so wird dies zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben wohl nicht ausreichen. Gleichstellung nicht zur Dispostion Im Übrigen steht die Spanische Reitschule selbst nach erfolgter "Ausgliederung" zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes, der auch zur Finanzierung des Unternehmens beiträgt. Der zuständige Landwirtschaftsminister sei in Wahrnehmung seiner Aufsichtsfunktion gleichfalls an die oben genannten rechtlichen Verpflichtungen erinnert. Die Gleichstellung der Geschlechter steht eben nicht (mehr) zur Disposition. Dr.a. Anna Sporrer ist Verfassungsjuristin und Mitglied der "legal expert group" der Europäischen Kommission zur Umsetzung des Gleichbehandlungsrechts in der EU. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 8.2.2001)