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Brüssel - Eine Affäre wegen angeblicher Betrügereien mit EU-Subventionen für Flachs könnte die spanische EU-Kommissarin Loyola de Palacio in Bedrängnis zu bringen. Falls die damalige spanische Landwirtschaftsministerin die politische Verantwortung für die Affäre "nachweislich" tragen müsse, solle sie die Konsequenzen ziehen, sagte der mit dem Fall für die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament befasste SPÖ-Abgeordnete Hannes Swoboda gegenüber Journalisten. Er persönlich erwarte allerdings, dass de Palacio nichts vorzuwerfen sei. Bei der Anhörung der Mitglieder der neuen EU-Kommission hatte Swoboda der spanischen Politikerin im Herbst 1999 eine Rücktrittszusage für den Fall abgerungen, dass auch Beamte aus ihrer näheren Umgebung in die Flachsaffäre verwickelt gewesen sein sollten. An dieses Versprechen werde er sie notfalls erinnern. "Jetzt müssen die Fakten auf den Tisch", forderte Swoboda, der zugleich vor jeder Vorverurteilung der Kommissarin warnte. Mittlerweile hat die spanische Justiz Verfahren gegen 46 in die Affäre verwickelte Personen eingeleitet, darunter auch Beamte aus dem Landwirtschaftsministerium, dem de Palacio damals vorstand. Im Europäischen Parlament arbeitet der SPÖ-Abgeordnete Herbert Bösch an einem Bericht zur Flachsaffäre, der im März vorliegen soll, für die EU-Kommission untersucht die unabhängige Betrugsstelle Olaf den Fall. Ihr bereits mehrfach verzögerter Bericht wird demnächst erwartet. EU-Agrarkommissar Franz Fischler hatte am Mittwoch vor dem Haushaltskontrollausschuss des Europa-Parlaments von "Betrug" zu Lasten des EU-Budgets gesprochen. Sollte de Palacio politisch für die Affäre verantwortlich gemacht werden, will das Parlament EU-Kommissionspräsident Romano Prodi auffordern zu handeln. Prodi hatte vor dem Hintergrund der Vorwürfe von Korruptions- und Günstlingswirtschaft, die zum Sturz der Santer-Kommission geführt hatten, alle Kommissare vor Amtsantritt einen "Blankoscheck" unterschreiben lassen, der sie im Falle schwerer Verfehlungen zum freiwilligen Rücktritt verpflichtet. Die Flachsaffäre reicht in die neunziger Jahre zurück. 1993 wurden die ersten EU-Beihilfen ausbezahlt. Damit begann ein wahrer Flachs-Boom. Die Anbauflächen wurden seitdem um das 500fache auf 100.000 Hektar vergrößert, die Brüsseler Subventionen stiegen parallel dazu von umgerechnet 1,9 Mill. S auf rund 840 Mill. S im Jahr. Wegen der schlechten Qualität des daraus hergestellten Leinen blieb der Absatz jedoch gleich null. Bei den Betrügereien soll es um die Erntejahre 1997/98 und 1998/99 gehen, in denen die Flachsbauern erhöhte Beihilfen erhielten, dafür aber den Nachweis erbringen mussten, dass der Flachs auch verarbeitet wurde. 1999 brannte es gleich sechsmal in vierzehn Leinenfabriken. Die folgenden Ermittlungen des Anti-Korruptions- Staatsanwaltes erbrachten, dass auch hohe Beamte des Agrarministeriums und Mitglieder der regierenden Volkspartei direkt oder indirekt über Verwandte an den Flachssubventionen mit verdienten. De Palacio war ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt als Spitzenkandidatin für das Europaparlament in die Wahlen geschickt worden. Die EU-Kommission zog inzwischen die Konsequenzen und senkte die Flachsförderungen drastisch. Anfang Jänner ergriff de Palacio selber die Initiative und erstattete in Madrid Anzeige wegen angeblicher Subventionsbetrügereien mit dem Flachs-Anbau. Zuvor hatte sie einen Schwindel im großen Stil bestritten und die Anschuldigungen als Kampagne der Opposition bezeichnet. (APA)