Wien - "Die neuen Tarife sind schlicht und einfach ein Witz", sagt Mathias Grandosek, Verkehrsexperte der Arbeiterkammer Wien. "Wer danach trachten muss, seine Fixkosten möglichst niedrig zu halten, wird wieder bestraft." Wenigtelefonierer, insbesondere Pensionistenhaushalte und sozial Schwache, hätten jedenfalls nichts von diesem Modell. Wie berichtet, führt die Telekom Austria (TA) am 1. März ein neues Tarifmodell für Privatkunden ein, das zwar niedrigere Gesprächsgebühren vorsieht, aber auch eine deutlich höhere monatliche Grundgebühr. "TikTak Plus" ist mit 289 S um 91 Schilling teurer als der Minimumtarif und kostet 49 S mehr als der Standardtarif. Etikettenschwindel Im Kreuzfeuer der Kritik steht die Telekom zudem, weil nur beim neuen Tarifschema sekundennahe abgerechnet wird. Überall sonst werden Kurztelefonate gnadenlos "bestraft", weil jeder angebrochene Impuls zur Gänze bezahlt werden muss. Auch bei TikTak müssen die ersten 30 Sekunden voll bezahlt werden, erst jede weitere Gesprächssekunde wird präzise verrechnet. Die AK wiederholt deshalb ihre Forderung nach sekundengenauer Abrechnung ab der ersten Sekunde. Vom "Etikettenschwindel" könnten auch die eingebauten "Zuckerl" wie 60 Gratisminuten und der Sondertarif für einen ausgewählten Freund ("best friends"), nicht ablenken, denn diese müsse sich der Konsument durch höhere Grundgebühren erkaufen, ätzt Grandosek. Die TA verteidigt ihr neues Abrechnungssystem damit, dass international kein sekundengenaues Billing ab der ersten Sekunde üblich sei. Die anderen Tarifmodelle würden "noch heuer" nachjustiert. Dies wäre mit zwei Milliarden Schilling aber doppelt so teuer wie die jetzige Tarifreform, sagen Insider. (ung, DER STANDARD, Printausgabe 10.2.2001)