Wien - "Das wäre eine dringende Sache". Der Leiter des Wiener Papyrusmuseums, Hermann Harrauer, hat Anlass zur Befürchtung, dass die Zeit der Verhandlungen für eine Übereinkunft zwischen Österreich und Russland über die gegenseitige Rückgabe von geraubten Kulturgütern, davonläuft. Der Zustand der Papyri, die in der Eremitage St. Petersburg seit über fünf Jahrzehnten in einem Schrank liegen, bedürfe so Harrauer seit langem sofortiger Maßnahmen. "Eine Konservierung ist ganz, ganz dringend" betont der Papyrusexperte. Der Zustand der Papyri sei so dramatisch, dass der Generaldirektor der Nationalbibliothek schon vor Jahren vorgeschlagen habe, einen Abschluss der langwierigen diplomatischen Verhandlungen nicht abzuwarten, sondern anzubieten, die Schriftstücke in Wien zu konservieren und sie dann wieder zurückzubringen, berichtet Harrauer. Verschollen und wiedergefunden Die sogenannten Pahlevi-Papyri sind persische Dokumente, die zwischen 619 und 629 n. Chr. während der Sassaniden-Herrschaft in Ägypten entstanden. Inhaltlich betreffen sie also überwiegend Angelegenheiten der persischen Militärverwaltung, erklärt Harrauer. Was sie so wertvoll macht, ist, dass es sonst fast keine schriftlichen Dokumente des Mittelpersischen mehr gibt, außer in Wien, das 570 Stücke besaß. Sie wurden 1936 zur Restaurierung nach Berlin gebracht, bleiben dort bis Kriegsende und waren seither verschollen. Anfang der Neunzigerjahre, so berichtet Harrauer, erhielt er "den Brief eines Kollegen aus Göttingen, der vom Brief eines Kollegen aus London berichtete, der einen Brief eines Kollegen aus St. Petersburg erhalten hatte. Dieser hatte mitgeteilt, dass dass sich die Pahlevi-Papyri in der Eremitage befinden und dass man die Wiener Kollegen davon informieren sollte". 1992 hielt der Leiter der Papyrussammlung die Pahlevi-Papyri selbst in Händen. Sie waren in einem Schrank und in all den Jahrzehnten nur einmal geöffnet worden. Und sie waren in einem Zustand, bei dem es nicht mehr darum ging, ob oder wann sie zurückgestellt werden sollten, sondern darum, sie überhaupt vor dem Zerfall zu retten. (APA)