Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Standard/Archiv
Bis Ende der vergangenen Woche war Kurt Wendt Pressesprecher der Aktionsplattform gegen Schwarz-Blau, aber nicht deren Ideologe, wie er ausdrücklich betont. Nun kandidiert er bei der kommenden Wiener Gemeinderatswahl für die KP. Standard: Was hat für die Donnerstag-Aktivitäten ursprünglich den Ausschlag gegeben? Wendt: Im Jänner vorigen Jahres haben noch alle gesagt: Was soll noch schlechter werden? Die SPÖ hat ja alles mitgetragen. Doch die Androhung der Sanktionen hat doch etwas bewirkt: Man beschloss, die ÖVP- Zentrale zu besetzen, weil man dachte, wenn es schon nichts hilft, so ist wenigstens etwas geschehen. Standard: Und wenn Sie jetzt bilanzieren: Was haben die wöchentlichen Demonstrationen gebracht? Wendt: Dass eine Gruppe von Menschen, die keine Lobby bildeten und - wie etwa Liberale und Kommunisten - durchaus unterschiedlicher Weltanschauung waren, zum politischen Subjekt wurde. Es haben sich Netzwerke gebildet, die politisch wirksam wurden. Ich halte diese Solidarisierung für substanziell interessanter als jene im 68er-Jahr. Sie ist nicht kulturell abgehoben, sondern antifaschistisch, antirassistisch und antisexistisch. Sie ist der Gottseibeiuns der Regierungsparteien. Standard: Na, hoffentlich! Wendt: Wir bekommen aber auch seitens der SPÖ und der Grünen so gut wie keine Unterstützung. Ganz zu schweigen vom ÖGB. Der ist so hierarchisch strukturiert wie die katholische Kirche. Basisinitiativen sind im Gewerkschaftsbund einfach nicht zugelassen. Standard: Bezeichnenderweise ist das Wort Sozialabbau bisher gar nicht gefallen. Wendt: Im letzten halben Jahr hat sich die Thematik wohl in Richtung Sozialabbau verschoben. Es ist eben alles konjunkturell. Was gerade im Mittelpunkt steht, ist dann auch en vogue. Standard: Trotzdem, haben diese kreuzbraven wöchentlichen Spaziergänge nicht den Charakter einer idyllischen Politfolklore? Wendt: Ich war ja nur derjenige, der den Kontakt zu den Medien hielt. Persönlich war mir freilich vieles zu wenig radikal. Meines Erachtens wäre ziviler Ungehorsam gefragt. In Teilen Roms zum Beispiel findet jetzt ein Mietenstreik statt. Doch trotz allem: Irgendwann wird man den soziokulturellen Wert dieser Aktionen anerkennen. Politik war bisher aus dem Alltag verbannt. (vuji) (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9. 2. 2001)