Paris - Aus Anlass des 70. Geburtstages von Thomas Bernhard befasste sich auch die französische Presse mit dem Österreichischen Autor, während in Bobigny nördlich von Paris das Stück "Am Ziel" in der Inszenierung von Marie-Louise Bischofsberger mit Bulle Ogier, Helene Alexandridis, Jerome Nicolin und Monique Eberle in den Hauptrollen zu sehen war. Bezug nehmend auf Bernhards testamentarisches Aufführungsverbot in Österreich schrieb die Tageszeitung "Liberation": "Das Land, das er haßte, feiert ihn gegen seinen Willen." "Armer Thomas Bernhard! Wenn er sehen würde, was die österreichischen Beamten gerade mit seinen Resten machen, wie würde er ihnen ins Gesicht spucken! Zwölf Jahre nach dem Tod des Schriftstellers, dessen gesamtes Werk einen abgründigen Hass gegen sein Land zum Ausdruck bringt, verwendet das offizielle Österreich das Datum seiner posthumen 70 Jahre (...), um mit großem Prunk 'dieses Genie unserer Literatur' zu feiern", schreibt "Liberation" und fügt hinzu: "Die Übereinstimmung dieser Vereinnahmung mit der Anwesenheit der extremen Rechten in der Regierung ist mehr als symbolisch." "Dabei hatte Thomas Bernhard alles getan, um eine solche Vereinnahmung zu verhindern", schrieb "Liberation" in Bezug auf das testamentarische Publikations- und Aufführungsverbot in Österreich. Zum neuen "Forschungszentrum Thomas Bernhard" in Gmunden hieß es, dass dieses "reichlich vom Land Oberösterreich finanziert" werde, "in dessen Landesregierung niemand anderer als Jörg Haiders Schwester vertreten ist". "Le Monde" erinnerte daran, dass "jedes Buch, jedes Stück von Bernhard ein Meisterwerk" sei. Für "Le Monde" ist Bernhard ein "Integrist des Bosheit". Zur Inszenierung von "Am Ziel" in der französischen Version "Au But" meinte das Blatt: "Die Wörter rasen dahin, alles was gesagt wird überrumpelt uns, rührt uns, schüttelt uns mit einem schwarzen Lachen. (...) Die Inszenierung von Marie-Louise Bischofberger lässt Bernhard ins Leere laufen. Sie zwingt Bulle Ogier, eine große Schauspielerin, wenn sie frei ist, die Mutter zu entstellen. (...) Überdies unterbricht die Inszenierung ohne Unterlass den Strom Bernhards durch Anekdotisches." (APA)