Der online-Stellenmarkt boomt: 110 Millionen Jobanzeigen weltweit im Internet zählte der E-Recruiter CV-online allein im Jahr 2000. Einer Studie von Forrester-Research zufolge lag das Marktvolumen von online-Stellenanzeigen im selben Jahr bei 500 Mio. Dollar, im Jahr 2003 sollen bereits sogar fünf bis sieben Milliarden Dollar umgesetzt werden. Nicht nur in den IT-Branchen gewinnt oft der Schnellere. Den "Mitbewerbern einen Schritt voraus zu sein", könne auch der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Bewerbung sein, meint Markus Jaksche, Managing Director von Stepstone, einem Job- und Karriereportal. Die zunehmende Internetnutzung und vor allem die Lösung sämtlicher Sicherheitsprobleme im Netz stellen aus seiner Sicht die Hauptgründe für den Trend zu online-Bewerbungen dar. Die Möglichkeit, auf Knopfdruck seinen Lebenslauf in die ganze Welt weiterzuleiten, sei offensichtlich für viele ein besonderer Reiz, weiß Jaksche, dessen Unternehmen mehr als eine Million Besucher wöchentlich auf der Homepage verzeichnet, aus Erfahrung. "Der Recruiting-Prozess hat sich dramatisch verändert", stellt Jüri Kaljundi, Chairman von CV-online, fest, "im Informationszeitalter wählt nicht mehr das Unternehmen unter Kandidaten, sondern der Mitarbeiter unter Jobangeboten aus." Company websites stellten eine Möglichkeit dar, potenzielle Kandidaten anzusprechen und durch eine unverwechselbare corporate identity zu punkten. Kaljundi versteht Recruiting als Marketingtool, das von Unternehmen noch viel zu wenig genutzt würde und plädiert daher für eine gänzliche Auslagerung der Personalsuche. "Schneller, effizienter, kostengünstiger und zielgerichteter" sieht sich der online-Headhunter career- now im Vergleich zu traditionellen Personalberatern. Eine innovative Matching- Software vergleiche die Anforderungsprofile der Unternehmen mit den Qualifikationen der Bewerber und führe nur geeignete Interessenten zusammen. Stöße von Unterlagen ungeeigneter Kandidaten gehörten damit der Vergangenheit an. Der Zeitaufwand für einen Management-Recruiting-Prozess reduziere sich auf 48 Stunden und bedeute eine Kostenreduktion um den Faktor zehn. on- und offline Suche

"Virtuelle Vorstellungsgespräche können reelle aber nicht ersetzen", versucht Sebastian Leslie, Gründer und Managing Director der auf executive search spezialisierten Wrightson Group, der Euphorie Einhalt zu gebieten. Angesichts der enormen Folgekosten von Fehlbesetzungen stehe neben der fachlichen Qualifikation vor allem die menschliche Kompatibilität im Vordergrund eines Anforderungsprofils. "Darüber kann das Internet noch keine Auskunft geben." Die Zielsetzung, den Bewerbungsprozess durch online- Kandidatensuche wesentlich zu beschleunigen, sieht der Topheadhunter nur im Projektbereich erfüllt. Er begreift virtuelles Recrui ting vielmehr als Chance, anhand der eingegangenen Bewerbungen Kandidatendatenbanken aufzubauen und dadurch traditionelle Such methoden zeitlich zu verkürzen. E-recruiting könne seiner Ansicht nach die konventionelle Kandidatensuche ergänzen, aber keinesfalls ersetzen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe)