Wien - In der Fleischindustrie könnten bereits in Kürze bis zu 3000 Beschäftigte auf der Straße stehen. Bis jetzt behelfen sich die durch BSE und Schweineskandal krisengeschüttelten Betriebe noch mit Kurzarbeit sowie dem Abbau von Resturlauben, sagt Ernest Pollak, der Obmann des Verbandes der Fleischwarenindustrie, im Gespräch mit dem S TANDARD . Damit komme man allerdings voraussichtlich nur mehr bis Ende Februar durch. Sollte sich die Situation bis dahin nicht entscheidend verbessern, müssten auch drastischere Methoden überlegt werden, um die Umsatzeinbußen abzufedern. Um drohende Kündigungen doch noch zu verhindern, finden laufend Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern der Fleischindustrie sowie dem Arbeitsmarktservice (AMS) statt. Dabei sollen maßgeschneiderte Kurzarbeitskriterien festgelegt werden. "Unser Ziel muss vorläufig eine auf drei Monate befristete Regelung für Kurzarbeit mit Option auf eine Verlängerung sein", sagt Franz Weinberger vom AMS. Gesetzliche Regelungen Diese drei Monate sollten dazu genützt werden, die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu adaptieren. "Die Bestimmungen des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes in der derzeit gültigen Form sind für unsere Branche ganz einfach nicht anwendbar", kritisiert Pollak. Gibt es nicht möglichst rasch eine Gesetzesänderung, nehme man in Kauf, "dass Kündigungen nicht mehr vermeidbar" seien, sagt der Fachverbandschef. Sollte sich herausstellen, dass es sich um eine längerfristige strukturelle Krise handle, werde das AMS den betroffenen Unternehmen kostenlose Beratung für die Entwicklung von Schulungsmaßnahmen, für Umstrukturierungen sowie für die Erstellung neuer Arbeitsplatzmodelle anbieten. "Hilft auch das nichts und es müssen tatsächlich Leute abgebaut werden, sollte man die Aufleb-Stiftung wieder aufleben lassen", empfiehlt AMS-Experte Weinberger. Eine derartige Lösung lehnen die Arbeitgeber ab, wie der S TANDARD bereits berichtete.

Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) dagegen will "nicht locker lassen", die beim EU-Beitritt Österreichs ins Leben gerufene Auffangstiftung für ehemalige Arbeitnehmer in der Lebensmittelwirtschaft wiederzubeleben. Walter Landstetter von der GPA rechnet mit Kosten von 40 Mio. S (2,9 Mio. EURO). In weiteren Gesprächen soll kommenden Montag ein für alle Beteiligten akzeptabler Kompromiss gefunden werden. (Robert Zwickelsdorfer, DER STANDARD, Printausgabe 10.2.2001)