Berlin/Teheran - Die deutsche Regierung hat den Besuch des iranischen Außenministers Kamal Kharrazi in Berlin als Fortschritt für die deutsch-iranischen Beziehungen gewertet. Die Gespräche Kharrazis mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) seien nach Auffassung beider Seiten erfolgreich verlaufen, hieß es am Freitag aus deutschen Regierungskreisen. Fischer wolle "den schwierigen Weg" mit dem Iran trotz aller Probleme auch in Zukunft weiter gehen. hieß es. In Teheran war eine am Freitag eine regimekritische Kundgebung mit 3.000 Menschen von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst worden. Bei den umstrittenen Urteilen gegen iranische Teilnehmer einer Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung hoffe die Rot-Grün-Regierung weiterhin, dass es "im Interesse aller Beteiligten zu einer guten Lösung kommt", hieß es aus den Regierungskreisen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) machte Kharrazi bei einem Gespräch deutlich, dass die hohen Haftstrafen gegen zehn iranische Reformer "eine erhebliche Irritation für das deutsch-iranische Verhältnis darstellen". Die Oppositionellen waren im Jänner in Teheran zu bis zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. In einem weiteren Prozess gegen den Reform-Geistlichen Youssefi Eschkewari soll ein unbestätigtes Todesurteil vorliegen. "Kurzer Höflichkeitsbesuch" Kharrazi hatte Schröder bereits am Donnerstag einen "kurzen Höflichkeitsbesuch" abgestattet. Dabei nahm der Kanzler die Einladung des iranischen Staatspräsidenten Mohammad Khatami zu einem Besuch in Teheran an. Schröder habe aber gleichzeitig darauf hingewiesen, "dass die Rahmenbedingungen gegeben sein müssten, damit ein solcher Besuch zu dem von beiden Seiten gewünschten Erfolg werden kann". Ein Termin wurde nicht vereinbart. Auch Fischer wurde von seinem Amtskollegen Kharrazi nach Teheran eingeladen. Bei dem ausführlichen Gespräch der Außenminister ging es um Rüstungsfragen, Menschenrechte, regionale Stabilität, iranische Innenpolitik, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Finanzen. In deutschen Regierungskreisen hieß es, mit dem Besuch Kharrazis sollten die Reformen im Iran weiter unterstützt werden. Die Alternative, "den Iran zu isolieren, würde nicht weit führen". Auch die iranische Regierung habe großen Wert auf den Besuch gelegt, von dem sie sich eine Stärkung im inner-iranischen Machtkampf verspreche. Ihre Lage sei, vor allem im iranischen Wahljahr, jedoch "alles andere als einfach", hieß es weiter. Farbbeutel gegen Delegationsautos Gegen den Kharrazi-Besuch in Berlin demonstrierten am Donnerstag und Freitag mehrere hundert Iraner. Sie warfen der iranischen Regierung Menschenrechtsverletzungen vor. Am Freitag wurde die Wagenkolonne des iranischen Außenministers drei Mal von Farbbeuteln getroffen. Sechs Menschen wurden festgenommen, sagte ein Polizeisprecher. Die Beutel hätten Delegationsfahrzeuge getroffen. Insgesamt sei der Polizeieinsatz rund um den Besuch ruhig verlaufen. Die deutsch-iranischen Beziehungen hatten sich nach Urteilen gegen iranische Reformanhänger erneut verschlechtert. Die Angeklagten waren vom Revolutionsgericht in Teheran zu Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren und zu Geldstrafen verurteilt worden, weil sie mit ihrem Auftritt bei einer Konferenz der den Grünen nahe stehenden Heinrich-Böll-Stiftung im Vorjahr in Berlin den Iran "entehrt" und die nationale Sicherheit gefährdet hätten. Die Regierung in Berlin zeigte sich über die Einmischung "tief besorgt". Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisierte am Freitag enach einem Treffen mit Kharrasi die Urteile als erhebliche Irritation für das deutsch-iranische Verhältnis. Er plant, Ende nächster Woche nach Teheran zu reisen. In Teheran löste die iranische Polizei am Freitag eine Demonstration von etwa 1.000 Regierungsgegnern unter Einsatz von Tränengas auf. Augenzeugen erklärten, Polizisten hätten mehrere Menschen festgenommen, außerdem seien Schüsse gefallen. Mit Warnschüssen, Tränengas und Schlagstöcken trieben die Sicherheitskräfte und islamischen Revolutionswächter die Demonstranten auseinander. Laut Augenzeugen seien mindestens zwanzig jugendliche Kundgebungsteilnehmer verletzt, etwa hundert festgenommen worden. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA meldete, "Oppositionsgruppen im Ausland" hätten zu der Kundgebung aufgerufen. (APA/AP/dpa/Reuters)