Spät, aber doch hat die Telekom Austria mit einer alten und noch dazu schlechten Tradition gebrochen: Die sündhaft teuren Telefontarife werden gesenkt statt weiter erhöht. Das bringt zwar mehr als eine Milliarde Schilling weniger in die leeren Kassen des großen Börsepatienten, ist aber die einzige Chance, die in Scharen davonlaufenden Groß- und Kleinkunden irgendwie bei Laune und in der Leitung zu halten. Schließlich bringen tote Leitungen noch weniger Geld. Wie befürchtet, bringt das neue Tarifschema namens "TikTak Plus" aber nicht nur Vorteile. In alter Tradition wurden Fallen eingebaut, weshalb sich die neuen Marketingstrategen der Telekom darangemacht haben, Herrn und Frau Österreicher das süßsaure Zuckerl mit dem bitteren Nachgeschmack anzudienen. Wer zum Beispiel 60 Minuten gratis telefonieren will, muss dafür vorher kräftig zahlen. Die monatliche Grundgebühr steigt um 100 Schilling. Dass man mit seinem Herzilein zum Sondertarif tratschen kann, ist da nur ein schwacher Trost. Ein Witz ist aber, dass nur jene Kunden in den Genuss einer annähernd sekundengenauen Abrechnung kommen, die zum neuen, teureren Schema wechseln. Bei allen anderen wird abkassiert. Mit dieser halbherzigen Tarifreform wird die Telekom keinen Staat machen: Die Kunden fühlen sich verschaukelt und werden bei erster Gelegenheit zur Konkurrenz wechseln, zumal die TikTak-Tarife auch für Geschäftskunden nur im Mittelfeld liegen. Die Aktionäre aber, die seit dem Börsengang im November nur Geld verloren haben, werden das Verlustpapier wohl endgültig mit Verachtung strafen. Denn die halbherzige Reform kostet viel Geld und bringt die Telekom womöglich um den versprochenen positiven Geschäftsabschluss. Spätestens bei der nächsten Gewinnwarnung sind nicht nur die Leitungen tot. (DERSTANDARD, Printausgabe 10.2.2001)