Graz - Die Hemmschwelle ist groß: Noch immer wagen es nur wenige Frauen, einen technischen Beruf zu ergreifen. "Dabei ist der weibliche Zugang zur technischen Problematik sehr kreativ", sagt Emilia Bratschitsch, Professorin am Institut für Fahrzeugtechnik der Fachhochschule (FH) Joanneum Graz. Dort stieg der Frauenanteil in den vergangenen Jahren insgesamt von fünf auf knapp 20 Prozent. "Nicht zuletzt dank der guten Rückmeldungen aus der Wirtschaft", meint Bratschitsch. Technische Zweige sind dennoch weitgehend weiblich verwaist.
Erst seit heuer gibt es eine Frau, die auch Fahrzeugtechnik studiert. Bratschitsch vermutet hinter der Zurückhaltung veraltete Vorurteile: "Es gilt nach wie vor als ungewöhnlich, wenn man sich für ein technisches Studium entscheidet." Deshalb soll auch die hochschulübergreifende Initiative FIT (Frauen in die Technik), die vor zehn Jahren an der Technischen Universität Graz unter der Patronanz von Johanna Klostermann gestartet wurde, Hemmschwellen abbauen helfen. Jetzt sind wieder FIT-Schnuppertage geplant. An der TU Graz, an den steirischen FH-Zentren, an der Montanuni in Leoben. Erstmals werden heuer Schülerinnen von Studentinnen informiert. Und Technik-Absolventinnen, die in der Privatwirtschaft tätig sind, sprechen über Karrieremöglichkeiten. Weiters arbeitet die FH Kapfenberg an einem internationalem Uni-Projekt mit, das Technik-Zweige "frauen-freundlicher" gestalten und präsentieren soll.
Ausnahme Architektur
Ähnlich ist die Situation auf der TU Graz. Hier bildet nur die Architekturfakultät eine rühmliche Ausnahme. Sie wird förmlich von Frauen überrannt. Weibliche Hörer sind längst in der Überzahl, der Anteil liegt bereits bei 70 Prozent. Von den übrigen Studienrichtungen halten sich Mädchen weitestgehend immer noch fern. Besonders laut sind die Klagen über den fehlenden Akademikernachwuchs bei den Bauingenieuren, Elektrotechnikern und Maschinenbauern. Hier sind es pro Semester gerade mal zwischen zehn und 20 Couragierte (das sind zehn bzw. 13 Prozent), die sich auf technisches Terrain begeben. Nicht ganz so trist sieht es bei den naturwissenschaftlichen Fächern aus. Im Wintersemester entschieden sich immerhin 58 Anfängerinnen für Chemie (55 Prozent), 34 für Mathematik (31 Prozent) und 18 für Physik. Steigernder Beliebtheit unter Frauen erfreut sich auch das Telematik-Studium. (lei/koe, DER STANDARD, Print-Ausgabe 12. Februar 2001))