Wien - Für den "Kronzeugen" und "Aufdecker" im Spitzel- skandal, Josef Kleindienst, steht die Anklageerhebung unmittelbar bevor. Geht es nach den Erkenntnissen der Wirtschaftspolizei, die der Staatspolizei bereits einen Endbericht vorgelegt hat, wer- den sich wohl auch der Wiener FPÖ-Chef Hilmar Kabas und der FPÖ-Landesparteisekretär Michael Kreißl vor Gericht verantworten müssen. Ihnen wird eine "vermutlich zentrale Rolle" im Tatgeschehen zugesprochen, es besteht der Verdacht der Anstiftung zum Amtsmissbrauch.Polizisten Kleindienst Neben dem ehemaligen Polizisten Kleindienst sind es noch mindestens zehn weitere aktive Kollegen, gegen die Vorerhebungen laufen. Acht von ihnen sind vom Polizeidienst derzeit suspendiert. Kleindienst selbst, der ein umfassendes Geständnis abgelegt und die Affäre so ins Rollen gebracht hat, hält eine brisante Wende für möglich - ausgelöst durch eine jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Bis jetzt ist man davon ausgegangen, dass eine unerlaubte Abfrage aus dem Polizeicomputer Ekis und die Weitergabe der Daten unter Paragraph 302 fallen, also Amtsmissbrauch. Der OGH hat in einem konkreten Fall nun entschieden, es handle sich nicht um Amtsmissbrauch, sondern um Verletzung des Amtsgeheimnisses. Der Unterschied: Für Amtsmissbrauch wäre ein Schöffengericht zuständig, die Verletzung des Amtsgeheimnisses fiele hingegen in die Diversionsregelung. Die betroffenen Beamten könnten also in den Genuss eines außergerichtlichen Tatausgleichs kommen. Voraussetzung dafür ist allerdings die Geständigkeit. Das gilt nur für die Nichtanstifter, also für die Polizisten, die so die Chance hätten, ohne Strafe davonzukommen. Neben Geständnissen müsste eine weitere Bedingung für den außergericht- lichen Tatausgleich erfüllt werden: Täter und Opfer müssten sich einigen. Wiedergutmachung Das Opfer ist in diesem Fall der Staat. Vorstellbar wäre in diesem Fall entweder eine Entschädigungszahlung an den Staat oder eine Sozialleistung als Wiedergutmachung. Kleindienst spekuliert nun damit, dass sich die anderen Polizeibeamten durch diese Aussicht veranlasst sehen könnten, ohne Rücksichtnahme auf die Auftraggeber alles auf den Tisch zu legen - "weil sie wesentlich billiger davonkämen", wie Kleindienst sagt. "Das würde eine neue Dynamik bringen. Bis jetzt war ja das kein Thema." Bis jetzt haben erst zwei Beamte Aussagen gemacht, die auch als Geständnis gewertet werden können. (Michael Völker, DER STANDARD, Print-Ausgabe 12. Februar 2001)