Los Angeles/Hamburg - Noch vor seinem Deutschland-Start am Donnerstag (in Österreich am Tag darauf) hat der Film "Hannibal", der "Schweigen der Lämmer"-Nachfolger, eine heftige politische Diskussion über Gewaltdarstellungen im Kino ausgelöst. Gegenüber der "Bild"-Zeitung vom Dienstag sagte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU): "Ich finde es unerträglich, dass durch solche Filme alle möglichen Psychopathen inspiriert werden. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn es immer mehr pervers-kriminelle Auswüchse gibt." Auch die Vorsitzende des Kultur-Ausschusses im Bundestag, Monika Griefahn (SPD), warnte: "Brutalität als Selbstzweck ist das letzte Aufbäumen einer ideenlosen Macho- Generation. Wir dürfen unsere Kinder mit dieser Gewalt nicht allein lassen. Medienerziehung in der Schule sollte Pflicht werden." Für eine selbstkritischere Haltung der Filmwirtschaft plädierte der stellvertretende CDU- Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Wolfgang Bosbach: "Das Perverse ist, dass die Filmemacher versuchen, das Unaussprechliche so darzustellen, dass es den Betrachter fasziniert. Die Filmwirtschaft selbst muss bei der Bewertung von Gewaltszenen schärfere Maßstäbe anlegen." Ähnlich äußerte sich auch die Hildegard Wester (SPD): "Solche Filme werfen ein bezeichnendes Licht auf den Zustand eines Teils unserer Gesellschaft. Ob Verbote gegen so perverse und abartige Inhalte ankommen, wage ich zu bezweifeln." Der Horrorthriller "Hannibal" wird vor allem wegen der grausigen Schlussszenen kritisiert. Darin verspeist Dr. Hannibal Lector das Gehirn eines noch lebenden Opfers. Der Film startet an diesem Donnerstag in den deutschen Kinos. Gestürmte Box-Office-Charts In seinem Eröffnungswochenende pulverisierte der Thriller "Hannibal"die Box-Office-Charts in Amerika. Mit 58 Millionen Dollar (über 850 Millionen S) erzielte er mehr als das Siebenfache des bisherigen Spitzenreiters, der romantischen Komödie "The Wedding Planner" mit Jennifer Lopez. Der Film war damit noch etwas erfolgreicher als der Vorjahres-Kassenschlager "Mission: Impossible 2", der 100.000 Dollar weniger eingebracht hatte, und erreichte zugleich neue Rekorde mit dem erfolgreichsten Start aller Filme mit Altersbegrenzung ab 17 Jahren sowie als erfolgreichster Streifen außerhalb der Kino-Sommersaison. In der Liste der einträglichsten amerikanischen Filme aller Zeiten rangiert er auf Platz 3. Mehr brachten in den ersten drei Tagen nur noch "The Lost World: Jurrasic Park" (72 Millionen Dollar) und "Star Wars: Episode One" (64,8 Millionen) ein. Die Produktionskosten von "Hannibal", die mit 80 Millionen Dollar angegeben wurden, dürfte der Film innerhalb einer Woche wieder eingespielt haben. "Hannibal"-Produzent Dino DeLaurentiis, der am Abend bei der Deutschlandpremiere des Thrillers bei den Berliner Filmfestspielen anwesend war, äußerte sich gegenüber US-Medien zufrieden und überrascht zugleich. Er sei sich zwar ganz sicher gewesen, dass die Neuauflage der Kannibalen-Saga ein Erfolg werde. Ein derartig großes Zuschauer-Interesse hätte er aber nicht vorher sagen können. Inzwischen werde daher schon über eine weitere "Hannibal"-Folge nachgedacht. Hopkins fühlt für Fortsetzung vor Der britische Schauspieler Anthony Hopkins möchte Hannibal Lecter noch ein drittes Mal spielen. "Ich würde gern noch eine Fortsetzung machen", sagte Hopkins am Sonntag in Berlin auf einer Pressekonferenz zum Film. Vielleicht sei es schon im kommenden Jahr soweit, sagte Hopkins. Der Ernährung des Titelhelden kann Hopkins freilich nicht viel abgewinnen: "Ich esse nicht viel Fleisch", antwortete er auf schörzhafte Journalistenfragen. "Ich weiß nicht, wie ich mache, was ich mache", sagte der Schauspieler, als er nach seiner Vorbereitung auf die Rolle gefragt wurde. "Ich arbeite rein instinktiv." Er könne es nicht analysieren. Es müsse sich "richtig anfühlen". Auf die Frage, ob er es bedauere, dass der Film anders ende als die Romanvorlage, antwortete Hopkins: "Ich vertraue den Produzenten. Ich bin nur ein Schauspieler. Wenn ich das Drehbuch nicht gemocht hätte, dann hätte ich den Film nicht gemacht". Er sei der Ansicht, Schauspieler sollten sich nicht in die Arbeit der Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseure einmischen. "Schauspieler, die solche Macht wollen, sind verrückt." Eher kühle Aufnahme in Berlin Bei der Deutschlandpremiere im Rahmen der 51. Berlinale, wo "Hannibal" au0er Konkurrenz läuft, wurde der Film vom Publikum jedoch nur mit schwachem Applaus aufgenommen. Anthony Hopkins wies die Kritik an dem gewalttätigen Film unterdessen als Heuchelei zurück. "Es ist einfach politisch korrekt, den Film jetzt zu kritisieren", sagte der 63-Jährige am Montag. Denn Dr. Hannibal Lecter steckt nach Ansicht von Hopkins in uns allen. . "Der Schrecken gehört zur menschlichen Natur", meinte Hopkins. "Ich liebe die dunklen Seiten in mir. Wir sind von der Dunkelheit und dem Schatten in uns selbst fasziniert und finden uns dort in unseren Ängsten wieder. Nur aus dem Schrecken kann sich etwas Neues entwickeln." Für ihn selbst seien die Schrecken unserer Zeit "Mittelmäßigkeit" und genau diese "political correctness", sagte der britische Schauspieler. "Die Fortsetzungen sind eben nie so gut wie der erste Teil ..." Hopkins wurde vom Berlinale-Publikum zwar bejubelt, doch die sonst eher zurückhaltende Reaktion der Zuschauer bestätigte die skeptischen Vorberichte der Kritiker. Ungeachtet der Gewaltszenen sei keine wirkliche Spannung aufgekommen, bemängelten zahlreiche Besucher. Schauspieler Peter Lohmeyer bekannte sich als Fan von Jodie Foster, die in der ersten Folge die FBI-Agentin Clarice Starling gespielt hatte. Zwar sei ihre Nachfolgerin Julianne Moore sehr gut, könne Foster jedoch nicht ersetzen. "Die Fortsetzungen sind eben nie so gut wie der erste Teil." Hopkins wird sich nun bei einer leichten Komödie erholen. In "Black Sheep" (Arbeitstitel) werde er zusammen mit dem Komiker Chris Rock zu sehen sein, kündigte Filmproduzent Matthew Stillman am Dienstag an. Hopkins spielt in dem Streifen, dessen Budget mit 113 Millionen Dollar deutlich über den 80 Millionen Dollar für "Hannibal" liegt, einen erfahrenen CIA-Mann. Er soll aus einem einfachen Tölpel (Rock) einen Top-Agenten machen, der eine internationale Verschwörung aufliegen lässt. Die Regie für den Klamauk-Film hat Joel Schumacher übernommen ("Batman und Robin"). Die Dreharbeiten sollen bereits in den kommenden Wochen in Prag beginnen. Weiter mit den US-Charts... Auf Platz drei rangiert ein weiterer Neueinstieg, die rüde Komödie "Saving Silverman" über einen Durchschittstypen, den seine clownesken Freunde vor einer in ihren Augen schlimmen Hochzeit bewahren möchten. Erste Kritiken deuten an, dass sich hier ein längerfristiger Verkaufsschlager anbahnen könnte. Weiter auf seinem stetigen Vorwärtsmarsch durch die Charts bewegt sich der mittlerweile auch in Österreich angelaufene "Tiger & Dragon" - er verdrängte "Cast Away" und Tom Hanks und stieß auf Rang vier vor.
  1. (*) Hannibal 58 Mill.
  2. (1) The Wedding Planner 7.8 Mill.
  3. (*) Saving Silverman 7.4 Mill.
  4. (5) Crouching Tiger, Hidden Dragon 5.1 Mill.
  5. (3) Cast Away 5.0 Mill.
  6. (4) Save the Last Dance 4.8 Mill.
  7. (6) Traffic 4.4 Mill.
  8. (2) Valentine 3.8 Mill.
  9. (10) Chocolat 3.1 Mill.
  10. (11) O Brother, Where Art Thou? 3.0 Mill.
In Klammern die Platzierungen der Vorwoche. Die Zahlen in US-Dollar sind die Hochrechnungen des Sonntagabends für das Wochenende vom 9. bis zum 11. Februar. "Hannibal" startet am Freitag (16. Februar) in den österreichischen Kinos. (APA/dpa/Reuters/hcl)