Brüssel - Die Finanzminister der Europäischen Union haben Irland am Montag wegen der Überhitzung seiner Wirtschaft und hoher Inflation verwarnt. Es ist das erste Mal in der EU-Geschichte, dass ein Mitgliedsland eine derartige öffentliche Rüge erhält, weil es gegen die gemeinsamen wirtschaftlichen Leitlinien verstoßen hat. Sanktionen sind damit jedoch nicht verbunden. Irland wies die EU-Rüge entschieden zurück. Finanzminister Charles McCreevy sagte in Brüssel beim Treffen mit seinen EU-Amtskollegen, für die parteiische und unverhältnismäßige Kritik der EU-Partner gebe es "keine vernünftigen Gründe". Die EU-Finanzminister hatten zur Abmahnung gegriffen, weil Dublin die Konjunkturüberhitzung und die damit verbundene Hoch-Inflation nach ihrer Ansicht nicht ausreichend bekämpft hat. Die Entscheidung fiel ohne Diskussion und formelle Abstimmung, berichteten EU- Diplomaten. McCreevy verteidigt die irische Wirtschaftspolitik McCreevy verteidigte die irische Wirtschaftspolitik und wies vor allem auf die Erfolge im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit für die Haushaltskonsolidierung hin. "Die Empfehlungen (der EU) basieren auf den falschen Voraussetzungen", sagte der Dubliner Ressortchef. Die von der EU kritisierte Inflationsrate sei stark rückläufig. Sie sei von 6 Prozent im vergangenen November auf noch 3,9 Prozent im Jänner gesunken. Die Haushaltspolitik Dublins sei seit drei Jahren zurückhaltend und habe inzwischen mit 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für den höchsten Budgetüberschuss in der EU gesorgt, sagte McCreevy. Große Teile des irischen Haushalts seien für die von Brüssel befürworteten Rückstellungen für künftige Rentenansprüche verwendet worden. Die öffentlichen Ausgaben seien mit 32 Prozent des BIP im EU-Vergleich am niedrigsten. Die EU-Länder hatten Irland bereits zuvor vergeblich verwarnt und entschiedenes Eingreifen gegen den überbordenden Konjunkturboom angemahnt. Jetzt erwarten die Minister mindestens eine Rücknahme von geplanten Steuersenkungen. Sanktionen sind mit dem Brüsseler "blauen Brief" nicht verbunden. Diese sind in den EU-Verträgen nicht vorgesehen. Nur im Fall des Überschreitens des Haushaltsdefizits über die Grenze von drei Prozent des BIP hinaus sind Strafmaßnahmen möglich. Gerade auf diesem Feld gilt Irland aber als Musterschüler. (APA/dpa)