Marbach am Neckar - Leichter als andere Dichter hatte es Friedrich Schiller sicherlich nicht bei den Schwaben. Dennoch wird das Werk des Dichters vor allem in seiner Heimatstadt Marbach voller Stolz hochgehalten. Nicht nur das Schaffen des "Räuber"-Autors selbst hat dort seinen festen Platz, sondern auch die Werke seiner literarischen Mitstreiter und späten Erben werden in den Räumen der Marbacher Institute gehütet und gepflegt. Damit nicht genug: In vier Jahren soll in Marbach ein bundesweit einmaliges Ensemble entstehen. Neben dem bereits existierenden Deutschen Literaturarchiv, dem Schiller-Nationalmuseum und dem Collegienhaus für die Archivbesucher wird dann das neue Literaturmuseum der Moderne Bücherfreunde auf die Schillerhöhe locken. Bis zur Wiedereröffnung am 12. Mai versteckt sich das klassizistisch nachempfundene Schiller-Nationalmuseum mit seinen 850 Quadratmetern Ausstellungsfläche noch hinter einem Gerüst. Das 1903 eröffnete Haus in der schwäbischen Kleinstadt ist nach Angaben von Institutsdirektor Ulrich Ott das einzige übergreifende Literaturmuseum in Deutschland. Doch zum einen platzt es mit seinen ständigen Ausstellungen etwa zu Wieland, Hölderlin und dem Cotta Verlag bereits aus allen Nähten, zum anderen wird es höchste Zeit für ein kräftiges "Lifting" der teils veralteten und verstaubten Präsentation. Die Ausstellung über die Literatur der Gegenwart kommt zum Beispiel über die "Gruppe 47" nicht hinaus, Kritiker bemängeln ein überholtes Konzept, und die Zahl der Besucher hat in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen. "Literatur ist nichts zum Anschauen" "Mit dem neuen Haus wollen wir auch neue Wege des Ausstellens suchen und der Vermittlung eine größere Aufmerksamkeit widmen", sagt Ott. Literatur ist eben nichts zum bloßen Anschauen, sondern vielmehr zum anstrengenden Lesen - vor allem für den jüngeren Besucher. "Literatur ist sicherlich nicht die nächstliegende Rezeptionsform für Museen", meint auch Ott. Mit Tonbänken und "medialen Elementen" hofft der Altphilologe auch im Museum der Moderne auf den nötigen Effekt, ohne dass allerdings die Originale in den Hintergrund treten sollen. So werden etwa aus dem enormen Nachlass des Schriftstellers Alfred Döblin, Verfasser des herausragenden Romans "Berlin Alexanderplatz" (1929), beispielsweise auch Verfilmungen seiner Werke präsentiert. In dem 17 Millionen Mark (8,69 Mill. Euro/119,6 Mill. S) teuren Neubau, jeweils zur Hälfte von Bund und Land finanziert, soll nach den Vorstellungen Otts die gesamte moderne deutsche Literatur in repräsentativer Weise ihren Platz finden, von der Jahrhundertwende bis zu noch lebenden Autoren. Direkt neben dem Altbau wird das neue Haus mit seinen 1.400 Quadratmetern Fläche für Ausstellungen, Shop und Galerie seinen Platz erhalten. Rund 400 Quadratmeter werden nach den bisherigen Vorstellungen für die wechselnden Ausstellungen zur Verfügung stehen, weitere 600 sind für die ständigen Ausstellungen eingeplant. "Bislang wissen wir allerdings nur, wie es funktionieren, nicht aber wie es aussehen soll", sagt Ott. Die europaweite Architektur- Ausschreibung für den Bau beginne, "sobald wir auch vom Land grünes Licht haben". Die letzte Putzkelle soll im Jahr 2005 angelegt werden. Danach will auch Ott im pensionsberechtigten Alter seinen Hut als Direktor nehmen. Für die Ausstellungen kann das neue Museum aus dem Vollen schöpfen. Rund 80 Prozent der mehr als 1.000 Nachlässe und zahlreichen "Vorlässe" des Literaturarchivs gehören ins 20. Jahrhundert. Manuskripte und Briefe, Tonbänder, Bilder und Filme stammen unter anderem aus den Nachlässen von Franz Kafka, Carl Zuckmayer, Paul Celan, Peter Rühmkorf oder Sarah Kirsch. Zumindest zur Eröffnung wollen sich die Marbacher aber wieder dem literarischen Genius widmen, dem sie nicht nur den Namen verdanken: Geplant ist eine Ausstellung zum 200. Todestag Schillers. (APA/dpa)