Karlsruhe - Deutsche Gerichte müssen den Grundrechtsschutz der BürgerInnen auch auf europäischer Ebene sicherstellen. Dies geht aus einem Beschluss des deutschen Bundesverfassungsgerichts zur so genannten Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hervor, der am Montag in Karlsruhe veröffentlicht wurde. Die RichterInnen hoben ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf. Es hatte versäumt, ein Verfahren dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen, in dem die Vereinbarkeit einer EU-Richtlinie mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau zweifelhaft war. Deutsche Gerichte dürfen Gemeinschaftsrecht in der Regel nicht selbst am Maßstab des Grundgesetzes überprüfen. Anlassfall Teilzeitbeschäftigung Ausgangspunkt des Falls war die Klage einer Ärztin, die mit ihrem Antrag auf Anerkennung als praktische Ärztin bei der Ärztekammer Hamburg gescheitert war. Begründung: Nach einer EG-Richtlinie von 1986 müsse die erforderliche Ausbildung teilweise in einer Vollzeitbeschäftigung durchlaufen werden. Die Frau war nach der Geburt von Zwillingen jedoch in einer Allgemeinmedizinerpraxis teilzeitbeschäftigt. Die Medizinerin sieht die Richtlinie als eine Benachteiligung von - häufiger in Teilzeitstellen arbeitenden - Frauen an. Zudem sei für die Facharztausbildung auch eine Teilzeitqualifikation zulässig. Nach den Worten der zuständigen Kammer des Bundesverfassungsgerichts könnte die Richtlinie gegen das europäische Diskriminierungsverbot verstoßen. Dies hätte das Bundesverwaltungsgericht erkennen und - da es selbst nicht über europäisches Recht entscheiden darf - den Fall dem EuGH zur Überprüfung schicken müssen. Wenn deutsche Gerichte solche Verfahren nicht dem EuGH vorlegten, liefe der Grundrechtsschutz ins Leere, heißt es in dem Beschluss. (APA/dpa)