Netzpolitik
Napster- "Nachfolger" bereiten Medienbranche Sorgen
Findige Programmierer haben längst reichlich Alternativen entwickelt
Gelegenheit macht Diebe - und
das Internet vielen Medien-Managern Kopfschmerzen. Denn dort ist
die Gelegenheit groß, Musik und Videos als Dateien zu finden und
sich kostenlos auf den heimischen Computer herunterzuladen. Die
einen nennen das File-Sharing (Dateien-Tausch), die anderen
Diebstahl geistigen Eigentums.Jenseits von Napster haben findige
Programmierer längst reichlich Alternativen entwickelt. Klassiker Gnutella
Zu dem schon fast zum Klassiker avancierten
Gnutella
gesellen sich Websites mit exotisch klingenden Namen wie
Aimster, Toadnode, Tripnosis und Filetopia. "Ein Verbot von
Napster würde nur andere Tauschbörsen stärken, die noch schwerer
zu kontrollieren sind", sagt Christian Loeb, Technik-Experte bei
der Hamburger Marktforschungsfirma MediaTransfer. Im Netz gebe
es inzwischen einfach zu viele Möglichkeiten, kostenlos an
Musik, Bilder und auch Filme zu kommen. Viele der neueren Sites
dürften der Branche besonders große Sorgen bereiten: Sie seien
einfach "ein Stück Software", für das man - anders als bei
Napster - niemanden verantwortlich oder gar verurteilen kann,
sagt Loeb.
Im Juli hatte eine Richterin nach einer Klage der weltgrößten
Musikunternehmen Napster verboten, urheberrechtlich geschützte
Musikstücke über seine Server tauschen zu lassen. Napster ging
in Berufung gegen dieses Urteil, das praktisch die Abschaltung
der Website zur Folge gehabt hätte. Das Berufungsgericht in San
Francisco gewährte Napster daraufhin im Oktober einen Aufschub
und beriet seitdem über die Zukunft der Tauschbörse.
Direkt von Computer zu Computer
Während der Dateien-Tasuch bei Napster über einen zentralen
Computer läuft, werden die digitalisierten Songs bei Börsen wie
Gnutella aber einfach direkt von Computer zu Computer
weitergereicht. Das macht Experten zufolge die Rechtslage noch
komplizierter und die Verfolgung verantwortlicher extrem
schwierig.
Den Geist aus der Flasche gelassen hat Branchenkennern
zufolge 1998 ein australischer Hacker. Er soll in das Netz des
Fraunhofer-Instituts im bayerischen Erlangen eingedrungen sein
und sich dort das Komprimierungsprogramm MP3 besorgt, oder im
Branchenjargon "gezogen" haben. So kam es zur massenhaften
Verbreitung von MP3, das schon 1993 in Erlangen entwickelt
worden war. An US-Unternehmen wie Napster und MP3.com
lizenzierte das Institut einige Jahre später das Programm, das
die Datenmengen vor allem von Musikstücken auf eine brauchbare
Übertragungsgröße reduziert.
"Jedes
neue MP3 wird bestimmt stärker unter Verschluss gehalten"
Inzwischen haben die Computer-Experten in Erlangen bereits
ein Nachfolge-Programm entwickelt: Das Advanced Audio Coding
(ACC) biete eine noch stärkere Komprimierung udn damit auch
schnellere Übertragung, sagt Martin Weishart, MP3-Experte beim
Fraunhofer-Institut. Doch auch andere Entwickler basteln an
einem neuen Format, das den Namen MP3pro tragen soll. "Jedes
neue MP3 wird bestimmt stärker unter Verschluss gehalten", sagt
Weishart. So einfach zugänglich für jeden Nutzer werde es sicher
nicht mehr sein.
Doch selbst bei einer Schließung von Napster und einer
besseren Sicherung neuer MP3-Programme hat die Medienindustrie
das Internet längst noch nicht gebändigt. P2P heißt weiterhin
das Kürzel, das bei Gewinn orientierten Managern Panik auslösen
dürfte: Es steht für "Peer-to-Peer" und bedeutet die Vernetzung
Gleichgesinnter, die über das Internet austauschen können, was
immer der neueste High-Tech-Standard ermöglicht. (Reuters)