Wien - Der österreichische Staat hätte längst keine Probleme mehr mit Budgetloch und Schuldenabbau, würden hierzulande angelsächsische Vermögenssteuern angewandt. In den USA, Großbritannien und auch Japan beträgt der Anteil der Vermögenssteuern gegenüber dem Gesamtabgabenaufkommen rund 10,8 Prozent.

Österreich sei mit seiner Vermögensbesteuerung im OECD-Vergleich Schlusslicht, bestätigt Peter Mooslechner von der Österreichischen Nationalbank (OeNB) dem STANDARD: "Es gibt keine speziell ersichtlichen Gründe, warum wir im OECD-Vergleich eine so niedrige Quote haben."


Ungleichverteilung

Mooslechner steht auch zu seiner Aussage von Ende 1999 bei einer Veranstaltung des Infoservers Korso zum Thema Vermögensverteilung: "Hätte man das Ausmaß der Ungleichverteilung der österreichischen Geldvermögen gekannt, wäre die Vermögenssteuer nicht abgeschafft worden." Vor sechs Jahren begann mit dem damaligen sozialdemokratischen Finanzminister Ferdinand Lacina der graduelle Abbau der Vermögensbesteuerung.

Arbeiterkammer-Experte Otto Farny sagt: "Das ist eine verteilungspolitische Frage. Bei einem Steuersatz von elf Prozent hätten wir das Nulldefizit längst geschafft." Er rechnet derzeit auf keine großartigen Anstöße von politischer Ebene in Richtung gleichere Verteilung der steuerlichen Lasten. "Es sollte aber auch klar sein, dass ein immer reicher werdendes Land ohne dieses Instrument nicht auskommen kann."

Würde man die angelsächsischen Modelle auf Österreich umlegen, hätte Finanzminister Karl-Heinz Grasser zusätzliche 140 Milliarden Schilling (10,17 Mrd. EURO) in der Kassa, sagt dazu ein Sprecher vom Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte (Attac). Wenn sich das Land zu einer Erhöhung der derzeit 0,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf OECD-Schnitt von 4,5 Prozent entschließen könnte, würde das zusätzliche Einnahmen von 40 Mrd. S pro Jahr für den Finanzminister bedeuten. "Addiert man die mindestens 20 Mrd. S zusätzliche effektive Körperschaftssteuer durch die Anhebung auf EU-Durchschnittsniveau dazu, sind wir bei 60 Mrd. S", sagt die Attac. Genauso groß ist das Loch, das in dem österreichischen Budget derzeit klafft.

Das sieht Christoph Kraus von der Kathrein Bank anders und verweist auf die Senkung der Vermögensbesteuerung in Deutschland. Er glaubt, dass die angelsächsischen Länder hier kein Vorbild für Österreich sein können: "Wir können uns nicht mit großen EU-Ländern vergleichen. Für diese ist es einfacher, Kapital zu besteuern, da sie ohnehin einen funktionierenden Kapitalmarkt haben." Zudem sei die Tendenz sichtbar, Vermögen immer weniger zu besteuern.

Unvergleichbarkeiten Denn Vermögen seien mobil, und daraus entstünde Steuerkonkurrenz. Im Übrigen könne man auch schlecht Coca-Cola und Almdudler vergleichen. Der Kapitalmarkt in Österreich sei eben nicht sehr stark entwickelt. Also sei eine niedrige Vermögensbesteuerung notwendig, um den Wirtschaftsstandort zu stärken. In jedem Fall zeige der OECD-Vergleich, dass auch mit Österreich vergleichbare kleinere Länder wie die Schweiz oder Luxemburg intern durchaus höhere Besteuerungen für Vermögen von ihren Bürgern verlangen, als es in Österreich der Fall ist. In der Schweiz gelte beispielsweise eine durchgehende Quellensteuer von 30 Prozent, in Österreich liege sie nicht einmal bei 25 Prozent. (Esther Mitterstieler, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 13. 2 . 2001)