Europa
Liechtenstein: Von konservativ zu konservativer
Die Opposition siegt - eine echte Wende ist das nicht
Am Tag nach der Landtagswahl von Sonntag herrschte in Liechtenstein Konfusion. Eine Wahl, die Machtverhältnisse
verändert, hatte man im Fürstentum noch nicht erlebt. Das Wahlergebnis überraschte Sieger und Verlierer: Die
christdemokratische Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) löste die christdemokratische Vaterländische Union (VU) als
Regierungspartei ab, die grünorientierte Freie Liste (FL) schaffte ein einziges Mandat. Meist geäußerter Kommentar am Tag
danach: "Jetzt muss man abwarten."
Denn so schnell und dynamisch, oft auch übereilt, wie in den letzten vier Jahren, wird in Zukunft wohl nicht mehr Politik
gemacht. Die Konservativeren der Konservativen haben (wieder) das Sagen und werden das Tempo bestimmen. Die
Beschleunigungspolitik der jungen VU-Regierung unter Mario Frick dürfte nun wieder auf ein Maß zurückgestutzt werden, das
den Wurzeln eines agrarischen Kleinstaates entspricht.
Die Bürgerpartei, während der letzten Legislaturperiode nach 59 Jahren der Mitregierung im oppositionellen Schmollwinkel,
hatte im Wahlkampf auf Konsenspolitik gesetzt und damit ins Schwarze getroffen. Personifiziert wird die Politik der Harmonie
durch Otmar Hasler, 48, den väterlich wirkenden Spitzenkandidaten. Der Landtags-Vizepräsident, im Hauptberuf Lehrer, stellt
schon rein optisch das genaue Gegenteil des jungen, professionell, aber distanziert wirkenden Regierungschefs Frick, 36,
dar.
Beim Stimmvolk (86,9 Prozent der 16.200 Wahlberechtigten gingen zur Wahl) kam die Botschaft an. Die Bürgerpartei
erreichte mit 49,9 Prozent 13 Mandate und damit die absolute Mehrheit im 25 Sitze fassenden Landtag.
Die Vaterländische Union musste ein Minus von 10,7 Prozentpunkten hinnehmen und ist mit 41,4 Prozent und elf Mandaten
nun zweitstärkste Partei. Spitzenkandidat Frick kündigte seinen Rückzug aus der Politik an: "Ich werde mir einen Job in der
Privatwirtschaft suchen." Nun beraten die Parteigremien, ob die geschlagene VU eine von der Bürgerpartei angebotene
Koalition eingehen wird.
Der oppositionellen Freien Liste wäre fast die Acht-Prozent-Sperrklausel zum Verhängnis geworden. Mit 8,8 Prozent schaffte
die Öko-Partei immerhin ein Mandat.
Knapp auch das Ergebnis für die Frauen, die in Liechtenstein erst seit 1984 das Wahlrecht haben: Von 21 Kandidatinnen
wurden nur drei in den Landtag gewählt. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 13. 2. 2001)