Trotz ihrer Erfolge bleibt die Chirurgin Hildegunde Piza betont bescheiden: "Ich als Einzelperson verdiene die Auszeichnung nicht", sagte sie Montag, als sie zur Wissenschafterin des Jahres gewählt wurde, "meine Leistung war gutes Teamwork." Piza, unter deren Leitung dem Polizisten Theo Kelz vor knapp einem Jahr zwei fremde Hände angenäht wurden, legt auf Kooperation besonderen Wert. Um etwas zu erreichen, sagt sie, brauche man "einen Traum und gute Freunde". Zu Letzteren zählt sie auch ihre Familie, ihren Mann, ebenfalls Mediziner, und ihre drei Kinder. Nicht zu vergessen die "Großmutter und gute Haushälterinnen". Die Medizin zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben. Schon der Vater war Chirurg, die Mutter Operationsschwester. Piza selbst wusste schon früh, dass sie in ihre Fußstapfen treten wollte. 1941 im steirischen Gröbming geboren, beschäftigte sie sich als "typisches Nachkriegskind" mit Häkeln, Stricken und Nähen - Fingerfertigkeiten, die zur Entwicklung ihres chirurgischen Feingefühls beigetragen haben könnten. Studiert hat Piza dann in Graz, die Fachausbildung für Chirurgie und Plastische Chirurgie absolvierte sie in Salzburg und Wien. Am AKH Wien wurde sie 1976 Oberärztin, 1992 übernahm sie die neu geschaffene Abteilung für Plastische und Wiederherstellungschirurgie am Krankenhaus Lainz. 1999 folgte sie einem Ruf an die Uni-Klinik Innsbruck, wo sie seither die Plastische Chirurgie leitet. Ihr wissenschaftliches Interesse liegt zwischen Mikrochirurgie, Immunologie und Gewebszüchtungen. Derzeit geht es um Muskel- und Bindegewebe, danach stehen Nervenzellen auf dem Wunschzettel. Seit 1995 leitet sie das Ludwig-Boltzmann-Institut für Qualitätssicherung in der Plastischen Chirurgie. Theo Kelz, ihrem berühmtesten Patienten, gehe es gut, sagt Piza. Anders als bei jenem Neuseeländer aus den USA, der bei ihr Rat suchte, weil er psychisch mit seiner fremden Hand und den vielen Medikamenten nicht zurechtkam, und der schließlich sein Transplantat wieder entfernen ließ, sei Kelz psychisch stabil und sehr diszipliniert. "Wir haben zum richtigen Zeitpunkt dem richtigen Menschen die richtigen Arme transplantiert." Lebensnotwendig wie Herz, Leber oder Nieren seien die Hände zwar nicht, aber als Kommunikationsorgan doch genauso wichtig wie die Augen. "Wer einmal einen Ohnehänder sprechen gehört hat, weiß, dass seine Stimme jede Modulation verliert, weil die Unterstützung der Hände fehlt. Gehirn und Hände hängen für den Ausdruck der Persönlichkeit eng zusammen." Als Frau in einer Männerdomäne zu arbeiten spielt für die erfolgreiche Chirurgin keine Rolle. Von Emanzipation hält sie nicht viel, denn: "Frau soll Frau bleiben." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13. 2. 2001).