Die BSE-Krise führt zu kuriosen Auswüchsen: Kindergärtner und Pastoren in Norddeutschland fühlten sich dazu bemüßigt, öffentlich gegen Vorurteile gegenüber "Landkindern" einzuschreiten. Sie stellten klar, dass an Gerüchten, BSE sei ansteckend und könne von Kindern übertragen werden, "nichts dran ist". Zuvor hatten sich in evangelischen Kindergärten besorgte Eltern von "Stadtkindern" gemeldet und gemeint, ob es nicht besser sei, ihren Nachwuchs wegen der Ansteckung mit BSE nicht mehr mit "Landkindern" spielen zu lassen.Kälber wurden in Telefonzellen ausgesetzt Auch der Protest der Bauern treibt immer seltsamere Blüten: Auf "Max" folgte "Moritz". Bereits zwei neugeborene Kälber wurden in Telefonzellen ausgesetzt. Kalb Max hatte ein Schild um den Hals, auf dem stand, es dürfe nicht in die Hände von Politikern fallen, sonst sei es verloren. Dennoch hat sich Hessens Landwirtschaftsministerium der Fälle angenommen und für beide Kälber Pflegeplätze auf Bauernhöfen gefunden. Gleich mehrere Bauern rissen sich darum, ein neugeborenes Kälbchen aufziehen zu dürfen, das protestierende Landwirte aus einer Herde von 350 Rindern in Schleswig-Holstein gerettet haben, die wegen eines BSE-Falles zur Schlachtung abtransportiert wurden. Das Tier wurde fast zwei Wochen lang versteckt, bis das Kieler Landwirtschaftsministerium entschied: Das Kalb darf leben. Seither trägt es den symbolträchtigen Namen Jeanne d'Arc und ist ganz offiziell im Stall eines Bauern aus dem Landkreis Dithmarschen registriert - jenem Landkreis, in dem sich die meisten Eltern von "Stadtkindern" besorgt über die BSE-Ansteckung ihrer Sprösslinge gezeigt hatten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe 13. Februar 2001)