Wien - Die Wirtschaftskammer beharrt auf ihrer Forderung nach mehr Selbstverwaltung im Sozialversicherungssystem. Stärkere Durchgriffsmöglichkeiten für die Politik werden abgelehnt, wie der stellvertretende Generalsekretär Reinhold Mitterlehner Dienstag Vormittag bei einem Gespräch mit Journalisten unterstrich. Dennoch plädiert er für eine Neugestaltung der Gremien im Hauptverband. So würde er befürworten, künftig die Managementposten (Direktoren) durch ein in der Wirtschaft übliches Auswahlverfahren zu besetzen. Das System, altgediente Funktionäre der Interessensvertretungen mit Posten zu versorgen, habe sich überlebt. Die Interessensvertreter selbst sollten nach Ansicht Mitterlehners künftig als eine Art Aufsichtsrat fungieren. Dabei gehe es nicht nur um Kontrolle, sondern auch um die Steuerung. Etwa sollte dieses Gremium für die Bestellung des neuen Managements verantwortlich sein. Gerade in diesem Punkt unterscheide sich die Wirtschaftskammer von den Vorstellungen von Sozialminister Herbert Haupt (F), betonte Mitterlehner. Dieser hätte gerne selbst die Leitungsfunktionen besetzt. Als "Zukunftsprojekt" formulierte Mitterlehner die Idee, das Präsidium im Hauptverband künftig durch den Verbandsvorstand wählen zu lassen. Derzeit liegt die Berechtigung dazu ja bekanntlich beim Sozialminister. Rückzug bei Controlling Einen Rückzug des Staates fordert Mitterlehner auch im Bereich des Controllings. Die vom Sozialministerium installierte Gruppe habe sich als "Fremdkörper" erwiesen und sei daher nicht sinnvoll. Stattdessen sollte das Controlling im Hauptverband effizienter gestaltet werden. Überdies gebe es ja auch noch von staatlicher Seite den Rechnungshof als Überprüfungsorgan. Zur Sanierung der defizitären Kassen seien jedenfalls sowohl kurzfristige als auch mittelfristig strukturelle Maßnahmen notwendig, betonte Mitterlehner. Auf konkrete Maßnahmen wollte er sich nicht festlegen, zeigte aber erneut Sympathie für die Selbstbehalt-Variante. Diese habe den Vorteil, dass man das Kostenbewußtsein bei Ärzten und Versicherten stärke. Eine "seriöse Prüfung" dieser Option sei daher nötig. Allerdings ist dem Generalsekretär durchaus bewusst, dass die Gewerkschaft mit den Selbstbehalten wenig Freude hätte. Neuerlich seine Ablehnung betonte er bezüglich Beitragserhöhungen bzw. einen ungerechtfertigten Griff auf die Rücklagen der wirtschaftlich arbeitenden Kassen. Aus seiner Sicht müsste eine Sanierung des Gesundheitswesens auch ohne solch einen Schritt möglich sein. Dabei solle durchaus auch der Aufgabenkatalog des Hauptverbands durchforstet werden. Manche Leistungen sollten intensiviert werden, andere wiederum an die einzelnen Gebietskrankenkassen oder auch Private übertragen werden, ergänzte Wirtschaftskammer-Sozialexperte Martin Gleitsmann, Kandidat für den Vizepräsidenten im Hauptverband. Weitere Forderung der Wirtschaftskammer: Wenn der Staat neue Leistungen vorschreibe - als Beispiel wurde etwa die künstliche Befruchtung genannt - müsse er auch klarlegen, wie die Bedeckung erfolgen solle. Dass es, wie vom Sozialministerium gewünscht, schon bis zum 1. März zu einem Gesamtkonzept zur Umstrukturierung des Hauptverbands kommen wird, hält Mitterlehner nicht unbedingt für realistisch. Allerdings sollten dann zumindest schon die Leitlinien für die Reform festgeschrieben sein. An einer Umsetzung arbeitet schon ab dieser Woche eine Arbeitsgruppe von ÖGB, Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer. (APA)