Telekom
Vom Schalltrichter zum Handy
Das Telefon wird 125
Wer heutzutage genervt ist
durch das ständige Klingeln der Mobiltelefone an allen Orten zu
allen Zeiten und in allen möglichen Melodien, der möchte es
vielleicht mit Mark Twain halten: "Es ist mein herzlicher und
umfassender Weihnachtswunsch..., dass alle in den Himmel kommen,
wo immerwährende Ruhe und Frieden und Seligkeit herrschen -
außer der Erfinder des Telefons", schrieb er in einem Leserbrief
an die New York Post. Vor 125 Jahren, am 14. Februar 1876,
meldete der schottische Taubstummenlehrer Graham Bell seinen
elektromagnetischen Apparat zum Patent an und gab damit den
Startschuss für die rasante Geschichte des Telefons, das mit dem
Handy keineswegs ihr Ende gefunden hat. Kabel leitete auch Töne weiter
Eigentlich wollte Bell Mittel und Wege finden, wie Töne für
Taubstumme sichtbar gemacht werden sollen. Er experimentierte
mit Membranen, Elektromagneten und Stimmgabeln, die Schallwellen
über ein Metallkabel leiten sollten. Doch das Resultat war
anders als erwartet - das Kabel leitete auch Töne weiter. Nach
der Anmeldung des Patents forschte er weiter mit seinem Apparat
und am 10. März 1876 gelang ihm die erste Übertragung eines
Satzes über das Telefon an seinen Gehilfen: "Mr. Watson, kommen
sie hierher, ich möchte sie sehen", soll er gesagt haben.
Umstritten
Ob Bell tatsächlich der Erfinder des Telefons genannt werden
kann, ist allerdings umstritten. "Der Gelnhausener Philipp Reis
hat gute zehn Jahre früher schon Sprache übertragen", sagt Peter
Leitmeyer, Mitarbeiter des Bereichs Telekommunikation im
Deutschen Museum München. "Das Pferd frisst keinen Gurkensalat",
sei sein Satz gewesen, mit dem er seine Erfindung vor dem
Physikalischen Verein in Frankfurt vorführte. Den Durchbruch
schaffte er damit allerdings nicht, der Apparat sei nicht für
die Praxis nicht geeignet gewesen, sagt Leitmeyer.
Vom Statussymbol der reichen Leute zum Massenprodukt
Erst mit Bell begann das Telefon seinen Siegeszug und wurde
vom Statussymbol der reichen Leute zum Massenprodukt. Die ersten
Telefone in Deutschland baute die Firma Siemens & Halske, im
November 1877 bereits 200 Apparate pro Tag. Vermittelt wurden
die Gespräche vom "Fräulein vom Amt". Dabei wurden als
sogenannte Telegraphengehilfen in Deutschland zunächst nur
Männer eingestellt, weil das "Postgeheimnis" bei Frauen schlecht
aufgehoben schien. 1909 nahm das erste vollautomatische
Großstadt-Wählamt in München-Schwabing seinen Betrieb auf.
Datenübermittler
Vom Kurbeltelefon bis zum Mulitmediagerät - Digitalisierung
und Mobilfunk machen es möglich. Das Mobiltelefon wird zum
Datenübermittler, mit dem man SMS-Nachrichten versenden und im
Internet surfen kann. Mit dem neuen Mobilfunkstandard UMTS soll
auch die Übertragung von Videos auf das Handy möglich werden.
Doch die Forscher denken schon weiter. Mehr Anwendungen und viel
kleiner, das sind die Trends. "Das Telefon wird in
Alltagsgegenständen verschwinden, wie in Schmuck und anderen
Accessoires", sagt Bernd Kolpatzik, Leiter des Innovationsfeldes
Information und Kommunikation bei der Siemens AG in
München. Doch wie soll man dann noch Spielfilme schauen können?
Da hilft das zusammenklappbare Display, das im Kugelschreiber
untergebracht ist. Auch der im Hirn implatierte Kommunikator ist
denkbar, für Hörgeschädigte vielleicht nützlich. "Ob das aber
für jeden ansprechend ist, ist fraglich", sagt Kolpatzik. Der
Fortschritt muss schon von den Benutzern akzeptiert werden.
Das ist bei einer weiteren Forschungsrichtung sicher der
Fall - das Mobiltelefon mit integriertem Übersetzter. "Da
spricht man auf deutsch rein und am anderen Ende kommt
französisch oder eine andere Sprache raus", sagt der
Siemens-Experte. Prototypen gibt es schon, auch wenn der
Wortschatz noch relativ beschränkt sei, gibt Kolpatzik zu: "Für
das Reservieren eines Hotelzimmers reicht's aber". (Reuters)