München - Das mütterliche Frauenideal der NS-Filmindustrie kannte vor allem das Rollenbild der rassisch untadeligen Gebärmaschine: erweitert um die Gaben einer resoluten Haushaltsmanagerin. Galt es aber die "Sünde" zu verkörpern, anstatt gesunde Kinder in wogendem Korn aufzuziehen, schlug unfehlbar die Kinostunde für Kristina Söderbaum. Die aus Schweden importierte Muse des Ufa-Regisseurs Veit Harlan war für den reichsdeutschen Sexappeal zuständig - in strenger Arbeitsteilung mit der "Revue-Maus" Maria Rökk und der "tragischen" Diseuse Zarah Leander. Die Kindfrau mit der mädchenhellen Stimme spielte kecke Nixen oder Störerinnen der Eheruhe, wirkte aber auch in unverblümteren Propagandafilmen wie Jud Süß oder Kolberg als strahlender Aufputz mit. Erotisches Aufbegehren wurde symbolisch streng mit einer Krankheit zum Tode oder mit Selbstmord geahndet - weswegen sich die Söderbaum mit dem Kosenamen "Reichswasserleiche" schmücken durfte. Söderbaums Karriere war eng mit dem Schicksal ihres Ehemannes Harlan verknüpft. Die Tochter eines Chemieprofessors musste mit ansehen, wie Harlans Stern trotz juridischer Reinwaschungsprozeduren mählich versank. Zwei Jahre nach seinem Tod baute sie sich 1966 als Fotoreporterin eine neue Existenz auf. Jetzt ist die Söderbaum 88-jährig in einem Pflegeheim in der niedersächsischen Provinz verstorben. (poh) (DER STANDARD, Printausgabe, 14.02.2001)