Wien - Vergangenes Jahr gab es laut den neuesten Erhebungen von Univ.-Prof. Dr. Franz X. Heinz vom Institut für Virologie (Wien) in Österreich 60 FSME-Erkrankungen. Eine über 70-jährige Salzburgerin, die sich im Raum Bad Vöslau (Niederösterreich) infiziert hatte, erlag der "Zeckenkrankheit" sogar. Der Ratschlag des österreichischen Virologen-Doyens Univ.-Prof. Dr. Christian Kunz bei einer Pressekonferenz am Mittwoch: "Wer ein Hirn hat, soll es schützen!" Heinz: "Auch die 60 Fälle des vergangenen Jahres sind zu viel. Aber der Vergleich mit dem benachbarten Ausland macht uns sicher. In Tschechien gab es im vergangenen Jahr 709 FSME-Erkrankungen, allein in Südböhmen um Budweis waren es 234. Die Todesrate beträgt etwa ein Prozent. Ohne die Impfung wären wir im vergangenen Jahr in Österreich sicher über 300 Fälle gekommen." Die Sache mit den Impf-Folgen Wie wichtig der Impfschutz auch für Kinder ist, beweist folgender Umstand: Im Jahr 2000 wurden in Österreich immerhin fünf Erkrankungen bei Kindern registriert. Bei zwei von ihnen kam es zu schweren Gehirnhaut- und Gehirnentzündungen, eines der Kinder war vorübergehend an Armen und Beinen gelähmt. Mit 26 Erkrankungen lag auch im vergangenen Jahr unter den österreichischen Bundesländern die Steiermark an der Spitze, in Kärnten mit seinen Hochrisiko-Regionen wurden hingegen "nur" zwei FSME-Patienten registriert. Nach Jahren gab es wieder einen Fall in Vorarlberg, in Tirol sogar sieben. Zum Teil für Verunsicherung sorgten im vergangenen Jahr dem Gesundheitsministerium gemeldete 766 Fieberreaktionen bei Kindern nach der Erstimpfung mit dem damals neuen FSME-Impfstoff Ticovac von Baxter . In 62 Fällen gab es sogar Fieberkrämpfe. Der Grund dafür laut dem Grazer Hygieniker Univ.-Prof. DDr. Egon Marth: Aus dem alten Vakzin war der Stabilisator Humanalbumin entfernt worden. Das führte zu einem "Peak" der körpereigenen Produktion bzw. Freisetzung des Fieber- und Entzündungs-fördernden Immunbotenstoffs Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha). Kindertauglich Deshalb wurde der Impfstoff wieder neu formuliert. In der Saison 2001 ist der Baxter-Impfstoff FSME-Immun-Inject das einzige auch für Kinder zugelassene Vakzin zur Vorbeugung gegen die "Zeckenkrankheit". Die Impfung ist bereits ab dem ersten Lebensjahr möglich. Der Oberste Sanitätsrat empfiehlt bei Kindern bis zum zwölften Lebensjahr die Verwendung der halben Erwachsenen-Dosis im Zuge der Erstimpfung. Die Ampullen haben eine eigene Markierung dafür. Das Vakzin ist frei von sonst bei Impfstoffen ehemals eingesetztem Thiomersal (Quecksilberverbindung). Die immunogene Virus-Komponente stammt aus Hühnerembryonen, ohne dass die Viren vorher mit Maushirn-Material in Verbindung kamen. Das wieder zugesetzte Humanalbuman als Stabilisator bremst eine übermäßige TNF-alpha-Produktion im Körper. 84 Prozent der Österreicher schon einmal geimpft Insgesamt erfreut sich die FSME-Impfung in Österreich regen Zuspruchs. Eine schriftliche Umfrage unter rund 10.000 Personen durch Fessel & GfK im September und Oktober des vergangenen Jahres fasste bei der Pressekonferenz Meinungsforscher Michael van Linthoudt-Brunner zusammen: "84 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind schon einmal gegen die FSME geimpft worden. "'Impfhochburg' ist Kärnten mit 95 Prozent." Das bedeutet aber nicht, dass auch ein so hoher Anteil der Bevölkerung wirklich aktiv gegen die FSME geschützt ist. Rund 20 Prozent der Österreicher haben allerdings vergangenes Jahr eine "Zeckenimpfung" (Erst- oder Auffrischungsimpfung) erhalten. Die Angst vor dem neuen Virus Virologe Univ.-Prof. Dr. Franz X. Heinz betonte bei der Pressekonferenz, dass sich niemand vor angeblich "aggressiveren" FSME-Viren aus dem Fernen Osten fürchten müsse. Die beiden zugelassenen Impfstoffe (der zweite von Chiron-Behring) schützen vor allen Erreger-Varianten. Auch im Jahr 2001 gibt es in Österreich wieder eine "Zecken-Impfaktion". Apothekerkammer, Ärztekammer und die Hersteller organisieren sie zwischen dem 15. Jänner und dem 27. Juli. In dieser Zeit - so Apothekerkammer-Vizepräsidentin Christiane Körner - kostet das Vakzin 220 Schilling. Einzelne Krankenkassen gewähren Zuschüsse von 50 bis 100 Schilling. Das kann in den Apotheken nach dem Ausfüllen eines Formulars in Abzug gebracht werden. An Kosten kommen noch 120 Schilling Impfhonorar für den Arzt hinzu. Baxter-Vertriebsleiter Peter Mateyka versprach für das Jahr 2001 auch eine rege Informationsaktivität unter den Ärzten. Es werde auch eine Anwendungsbeobachtung geben, um jeweils einen aktuellen Überblick über die Situation zu haben. Laut Auskunft des Gesundheitsministeriums wurde im vergangenen Jahr auch ein Fall einer anaphylaktischen Reaktion nach Verwendung des Chiron-Behring FSME-Vakzins gemeldet. Extrem seltene bzw. nur vorübergehende störende Symptome nach einer Immunisierung sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen: Die FSME-Impfung erspart pro Jahr Hunderten Österreichern schwerste Erkrankungen. (APA)