Es war der blutigste Anschlag innerhalb Israels seit dem Beginn des Palästinenseraufstands: In einer Vorstadt von Tel Aviv fuhr ein Autobus zur morgendlichen Stoßzeit mit Wucht in eine Menge von Dutzenden Autostoppern, großteils Soldaten. Acht Menschen wurden getötet und rund zwanzig verletzt. Der Bus raste südwärts in Richtung Gazastreifen weiter, wurde nach rund 25 Kilometern durch Schüsse eines Verkehrspolizisten gestoppt und fuhr auf einen Lastwagen auf, der Lenker wurde verletzt geborgen und in ein israelisches Krankenhaus gebracht. Anders als bei den Bombenanschlägen der vergangenen Monate konnte Israel nur schwer die palästinensische Führung verantwortlich machen, denn der Attentäter, ein 35-jähriger Vater von fünf Kindern aus Gaza, arbeitete mit Genehmigung der Behörden in Israel. Schon seit fünf Jahren war er bei der halbstaatlichen Busgesellschaft Egged beschäftigt und fuhr palästinensische Arbeiter vom Gazastreifen nach Israel. Unklare Reaktionen Gestern brachte er seine Passagiere zuerst nach Ramla - einer Kleinstadt zwischen Tel Aviv und Jerusalem -, auf dem Rückweg lenkte er den Bus an einer Kreuzung bei der Stadt Holon in die wartende Menschenmenge. Unter den acht Toten waren sieben Soldatinnen und Soldaten. Israelische Politiker hatten keine klaren Antworten auf die Frage nach möglichen Reaktionen. Kommunikationsminister Benjamin Ben-Elieser etwa, einer der Kandidaten für den Vorsitz der Arbeiterpartei, forderte sofort "eine hermetische Abriegelung der palästinensischen Gebiete, auch wenn sie Monate dauern würde". In der Tat sperrte die israelische Armee auch alle Übergänge aus dem Autonomiegebiet. Der noch amtierende Regierungschef Ehud Barak kündigte die strenge Bestrafung der Verantwortlichen des Attentats an. Der designierte Premier Ariel Sharon erklärte dagegen nur vage, es sei "jetzt wichtiger als alles andere, die Sicherheit der israelischen Bürger wieder herzustellen", die Terroristen würden zwischen Israel, dem Westjordanland und dem Gazastreifen nicht unterscheiden. Von der palästinensischen Behörde war keine deutliche Verurteilung zu hören, die Attacke wurde als vorhersehbares Ergebnis der israelischen Politik gewertet - der Zwischenfall sei "ein Teil der allgemeinen unglücklichen Situation", meinte etwa Minister Ziad Abu-Zayyad. "Hamas"-Sprecher Ismail Abu-Schaneb bekannte sich zwar nicht zu dem Anschlag, bezeichnete ihn aber als "Reaktion auf die israelische Aktion": "Wir werden unsere Intifada fortsetzen und den Israelis die Lektion erteilen, die sie vom Libanon vergessen haben." (DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2001)