Podgorica/Belgrad - Carla Del Ponte, Chefanklägerin des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, stieß am Donnerstag in Montenegro auf einen freundlichen Empfang und die Bereitschaft der montenegrinischen Behörden zu uneingeschränkter Kooperation. Das Tribunal sei eine Institution der UNO, also sei jeder demokratische Staat verpflichtet, mit ihm zusammenzuarbeiten, verkündete die Regierung Montenegros, die die Unabhängigkeit der kleinen jugoslawischen Teilrepublik anstrebt. "Die Aufnahme in den Internationalen Währungsfonds ist natürlich angenehm, die Forderungen des Tribunals sind für uns unangenehm", erklärte Montenegros Präsident Milo Djukanovic. Doch ein Staat, der Anschluss an Europa suche, müsse alle seine Verpflichtungen erfüllen. Im Gegensatz zu Montenegro hat Belgrad noch nicht über die Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher an Den Haag entschieden. "Slobodan Milosevic sollte zuerst der Prozess vor einem serbischen Gericht gemacht werden", hat Serbiens Premier Zoran Djindjic erklärt. Eine Auslieferung des jugoslawischen Expräsidenten "könnte das serbische Volk spalten". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. 2. 2001)