Jerusalem - Die Koalitionsverhandlungen in Israel sind offenbar in ihre entscheidende Phase gelangt. Am Donnerstagabend teilte das Büro des scheidenden Regierungschefs Ehud Barak mit, im Grundsatz hätten sich Sharon und Barak auf eine Koalition der Nationalen Einheit verständigt, um dem Palästinenser-Aufstand wirksam begegnen zu können. Aber das Zustandekommen der Koalition von Likud und Sozialdemokraten hänge noch von bestimmten Bedingungen ab. Barak akzeptiert Verteidigungsministerposten Israels Rundfunk berichtete, Barak habe das Angebot, Verteidigungsminister zu werden, akzeptiert. Dies wurde offiziell aber noch nicht bestätigt. In Baraks Arbeitspartei sind viele Politiker dagegen, dass Barak überhaupt ein Ministeramt annimmt, weil sie ihn persönlich für die verheerende Niederlage ihrer Partei bei der Ministerpräsidentenwahl verantwortlich machen. Der scheidende Minister Chaim Ramon sagte, Barak habe kein Recht, ein Ministeramt zu fordern. Abstimmung bis Montag Zu den Bedingungen für das Zustandekommen der Koalition gehöre, dass die politischen Richtlinien und das entsprechende Koalitionsabkommen fertig gestellt würden, hieß es in der in Jerusalem veröffentlichten Erklärung des Büros von Barak. Barak hoffe, die endgültige Vereinbarung bis Montag der Arbeitspartei zur Abstimmung vorlegen zu können. Bereits vor dem Treffen Baraks mit Sharon war bekannt, dass den Sozialdemokraten unter anderem die Schlüsselministerien Verteidigung und Auswärtiges zufallen sollten. Barak hatte erklärt, er denke darüber nach, sein bisher schon neben dem Ministerpräsidentenamt ausgeübtes Amt als Verteidigungsminister auch in der künftigen Koalition zu übernehmen. Meldungen, wonach Barak bereits zugestimmt habe, blieben jedoch bis zum späten Abend unbestätigt. Koalition für Sharon beste Lösung Vor dem Treffen hatte Sharon gesagt, er habe aus seiner Ansicht nie einen Hehl gemacht, dass eine Regierung der Nationalen Einheit das Beste in der gegenwärtigen Situation für Israel sei. Er gehe in die Verhandlung mit dem Ziel, eine solche Große Koalition zu erreichen. Der Likud-Politiker Sharon gilt als Vertreter einer kompromisslosen Linie gegenüber den Palästinensern. Beide Parteien verhandeln seit mehreren Tagen. In Israel wurden am Donnerstag weitere Opfer des Attentats vom Dienstag beigesetzt. In der Nähe von Tel Aviv war ein Palästinenser mit einem Bus in eine Menschenmenge gerast. Dabei waren vier israelische Soldatinnen, drei Soldaten und ein Zivilist getötet worden. Mindestens 17 Menschen wurden verletzt. Eines der Opfer sollte erst am Freitag bestattet werden. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass der Busfahrer absichtlich in die Menschenmenge gefahren ist. In Palästinenserkreisen hieß es, "israelische Aggression" sei der Auslöser für diese Tat gewesen. Der Vorfall markierte einen neuen Höhepunkt der seit fast fünf Monaten anhaltenden Gewalt und Gegengewalt in den Palästinenser-Gebieten, in deren Verlauf bereits rund 400 Menschen getötet worden sind. (APA/Reuters/AP)