Wien - Nach nur dreistündiger Verhandlungsdauer wurde heute, Freitag, der Wiener Baukartell-Prozess auf den 5. April vertagt. Das Gericht gab einem Antrag der Verteidigung statt, ein sozialpartnerschaftliches Gutachten einzuholen, dass die Vorgangsweise der wegen illegaler Bieterabsprachen angeklagten Firmen hinsichtlich einer Rechtfertigung aus volkswirtschaftlicher Sicht untersuchen soll. Freisprüche für vier Angeklagten Für vier der Angeklagten ist der Prozess bereits vorzeitig zu Ende: Nachdem Staatsanwalt Erich Müller die Anklage wegen Betrugs im Zusammenhang mit dem Umbau der Meidlinger Hauptstraße zurückgezogen hatte, gab es vom Gericht in dieser Causa Freisprüche. Die Staatsanwaltschaft hatte den Beklagten vorgeworfen, beim Umbau der Meidlinger Hauptstraße von Oktober 1991 bis Oktober 1994 durch Bieterabsprache einen Schaden von 3,9 Millionen Schilling verursacht zu haben. Im Lauf des Verfahrens hatte Gerichtsgutachter Wolfgang Oberndorfer eine Expertise vorgelegt, nach der der Preis, zu dem die zum Zug gekommene ARGE beim Umbau der Meidlinger Hauptstraße gearbeitet hatte, doch nicht zu hoch gewesen sei. Gutachten einholen Neun Angeklagte müssen auch zum nächsten Verhandlungstermin erscheinen. Bis dahin soll das von Experten der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer zu verfassende Gutachten fertig gestellt sein. An der Frage der Rechtmäßigkeit dieses Beweismittels hatten sich zuvor die Geister geschieden: Die Verteidiger argumentierten, dass die Systematik des Kartellgesetzes ein derartiges Gutachten notwendig mache. Ankläger Erich Müller sprach sich gegen die Zulassung des Antrages aus: Eine volkswirtschaftliche Rechtfertigung des Vorgehens müsse Vorteile enthalten, die "erheblich über die Gruppenmitglieder hinausgehen". Es gehe nicht an, dass die Öffentliche Hand auf allen Ebenen bemüht sei, die Budgets zu konsolidieren und durch einen Wettbewerb attraktive Angebote zu bekommen, dies durch Absprachen unterlaufen werde und das Gericht sage, dies sei gerechtfertigt, sagte der Staatsanwalt. Verteidiger Wolfgang Brandstetter interpretierte das Vorgehen der Firmen primär als Versuch, "ausländische Anbieter, die mit gefüllten Kriegskassen und Dumpingpreisen" agierten, vom österreichischen Markt abzuhalten und zu verhindern, dass die heimische Bauindustrie zu einer "verlängerten Werkbank" großer Konzerne werde. (APA)