Wien - Die heimischen Versicherungsunternehmen wollen die im Herbst von der Regierung in Kraft gesetzte Besteuerung der Reserven in den Sachsparten, die der Branche über fünf Jahre verteilt rund 6 Mrd. S (436 Mill. Euro) zusätzliche Steuerbelastung bescheren dürfte, bis zu den Höchstgerichten bekämpfen. Gegen die Steuerbescheide werde man gleich Einsprüche erheben und danach den weiteren Rechtsweg beschreiten, kündigten Spitzenvertreter des Versicherungsverbandes am Freitag in einem Pressegespräch an.
Wiener-Städtische-Generaldirektor Siegfried Sellitsch bezeichnete die neue Reserven- bzw. Rückstellungsbesteuerung als "unsachgemäß" und "unbillig". So werde nicht zwischen ungewissen Reserven und den der Höhe nach oft schon feststehenden Verbindlichkeitsrückstellungen unterschieden, kritisierte der Verbands-Vizepräsident. Auch stelle die Besteuerung von 20 Prozent der Verbindlichkeiten - "das Geld steht ja nicht uns selbst, sondern schon jemandem anderen zu" - eine Benachteiligung gegenüber anderen Branchen dar, "so als ob eine Firma 20 Prozent ihrer Lieferantenverbindlichkeiten besteuern müsste".
Kaprun
Dies gelte etwa auch für einen Großschaden wie die Brandkatastrophe von Kaprun vom 11. November, für die neben dem reinen Feuer-Schaden von rund 60 Mill. S auch rund 300 Mill. S Haftpflichtschaden entstanden sind, die via Gletscherbahn an die Opfer gehen sollen. Auch dabei seien die Reserven zu 20 Prozent zu besteuern.
Insgesamt habe die Finanzverwaltung die Versicherungen in den vergangenen Jahren "zu einem ihrer liebsten Lastenträger" auserkoren, beklagte Sellitsch und kritisierte etwa auch die "Versicherungssteuer II" (motorbezogene Versicherungssteuer), die erst im Vorjahr um rund die Hälfte erhöht worden ist. Dadurch erhöhe sich das Gesamtaufkommen allein dieser Steuer von 10 auf 15 Mrd. S jährlich.
Die gesamte Steuerbelastung der Versicherungsbranche - noch ohne Einkommens- und Ertragssteuern - habe sich solcherart seit 1994 von 7 Mrd. S auf rund 23 Mrd. S im Vorjahr erhöht. Dieses Jahr wird sie voraussichtlich weiter auf 26 Mrd. S klettern, schätzt Sellitsch. (APA)