Wien - Wer an "Beamte", "Bürokratie" und "Aktenlauf" denkt, stellt sich das gemeinhin sicher anders vor. Im ärmelgeschonten Vorurteil taucht wohl kaum das Bild von einer Gruppe meist junger Menschen auf, die Fragen wie "New Public Management", "Dienstleistungskonzern" oder "Front- und Backoffice" diskutieren. Aber genau das macht das "Netzwerk moderne Verwaltung" im Wiener Magistrat, das sich informell über alle Magistratsabteilungen hinweg zusammengefunden hat. Jetzt präsentierte das Beamtennetzwerk seine Vorschläge für die Umsetzung der Verwaltungsreform ihren Vorgesetzten: Bürgermeister Michael Häupl und Magistratsdirektor Ernst Theimer. Der oberste Grundsatz der Wiener Beamten soll nun lauten: "Jedes Anliegen eines Bürgers ist als Projekt zu betrachten, das gemanagt werden muss." Daher sollten die "Kunden" auch nur einen Ansprechpartner haben - einen "Projektmanager", der in einem "Front Office" das Anliegen entgegennimmt, sich bis zur Erledigung darum persönlich kümmert. Alles weitere, was im "Backoffice" geschieht, braucht die Kunden nicht zu kümmern. Der elektronische Akt Vielmehr sollten die Bürger künftig "mit Hilfe der neuen Medien durch den Dschungel der Vorschriften geführt" werden. Sie sollten schon im Internet Vorabinformationen einholen können, wie Verfahren normalerweise ablaufen. Sie sollten Projektunterlagen wie Urkunden oder Pläne elektronisch einreichen können. Und sie sollten per Passwort jederzeit von daheim aus über das Internet abfragen können, wie es um ihren Akt steht. Und die Gebühren? Würden dann per e-Banking bezahlt. "Das hätte auch den Vorteil, dass die Verwaltung rund um die Uhr erreichbar ist, dass Anliegen jederzeit eingereicht werden können", argumentieren die engagierten Beamten. Aber auch für die Beamten brächte dies Vorteile: Sie brauchen sich ihre Zeit nicht mehr strikt in "Kundenverkehr" und Aktenerledigung einteilen - sie könnten sogar Akten auch per Teleworking von Daheim aus erledigen. Für den Bürgermeister ist dies "ein phantastischer Beitrag" - in der Umsetzung bedeute dies aber auch: "Da werden die Vorgesetzten ein wenig loslassen und mehr Verantwortung delegieren müssen." Und für den Magistratsdirektor ist es ohnehin ein großes Anliegen, "dass die Bürger nicht wie Fährtenhunde durch den Magistrat irren müssen, um herauszufinden: Wer ist für mich zuständig?" Und die einzelnen Abteilungen würden "gar nicht schlecht arbeiten - aber zu wenig vernetzt". Theimers Vision ist es, das etwa bei einem Hausbau nicht mehr mit den unterschiedlichsten Unternehmungen der Stadt Wien Kontakt aufgenommen werden muss, um Wasser/Abwasser, Müllabfuhr oder Strom zu organisieren. Dass der Magistrat weiter in ein modernes Dienstleistungszentrum verwandelt werden muss, ist für Theimer keine Frage: "Sonst sind wir im internationalen Wettbewerb Zweiter." (DerStandard, Print-Ausgabe 17./18.2.2001)